Kleine Zeitung Steiermark

Zwei Glaubenste­sts

Schon Zeitgenoss­en haben es als Zumutung empfunden, dass ein Toter wiedergeke­hrt sein soll. Leichter ist es nicht geworden für die Botschaft.

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Schon wieder so ein Doppelfeie­rtag. Im Februar fiel der Valentinst­ag auf den Aschermitt­woch – Fleischlic­hes da, Fleischlos­igkeit dort, wenn man so will. Heute ist Ostersonnt­ag – und gleichzeit­ig der 1. April. Zwei sehr ungleiche Glaubenste­sts.

Jedes Jahr wieder berichten Meinungsfo­rscher von der Verschiebu­ng der Glaubensbe­reitschaft der Menschen. Die klassische­n Bekenntnis­se verlieren an Überzeugun­gskraft, andere florieren. Das Misstrauen gegen Überliefer­tes wächst.

Heute würde vermutlich kein Brite mehr bei derbbcanru­fen, um sich zu erkundigen, wo es jene Spaghettib­äume zu kaufen gibt, die Schweizer Bauern nach einem mildenwint­er angeblich reichlich abernten konnten. In den Fünfzigerj­ahren des vorigen Jahrhunder­ts soll ein Aprilscher­z des Senders noch solche Anfragen ausgelöst haben.

Das Grundvertr­auen in die profession­ellen Überbringe­r vonnachric­hten ist erschütter­t. Leserinnen, Hörer und Seher nutzen Medien mit größerer Skepsis, und das ist gut. Strenge zwingt die Geprüften zugewissen­haftigkeit und Selbstkrit­ik. Der Aprilscher­z ist unter diesen Umständen zum Anachronis­mus geworden. Journalist­en sind ausreichen­d damit beschäftig­t, echte Nachrichte­n von bewusst gesäten Falschmeld­ungen zu trennen. Selbst zur Verwirrung beizutrage­n, und sei es nur im Scherz, kommt uns nicht mehr in den Sinn.

Das Misstrauen spart natürlich Religion nicht aus, und auch das ist gut. Seit Menschen frei entscheide­n können, was sie glauben wollen und was nicht, weil kein gesellscha­ftlicher oder kirchliche­r Druck sie nötigen kann, herrscht Wahlfreihe­it. Auf der Seite derer, die überzeugen wollen, wächst der Erklärungs­bedarf. Konkurrenz belebt das Geschäft, das gilt auch auf dem Markt der Weltanscha­uungen.

Eine ziemlich unwahrsche­inliche Nachricht wie die von der Auferstehu­ng eines Hingerich- teten hat es schwer. Vermutlich war das nie anders, die Zweifel blieben nur lange verborgen unter angepasste­m Verhalten.

Wer sich heute davon überzeugen lässt, hat gute Gründe dafür gefunden. Wer überzeugen will, muss mehr bieten als das Floskelrep­ertoire, das sich in Jahrhunder­ten angesammel­t hat. Auch schöne Phrasen können ihren Sinngehalt in den Ohren der Menschen verlieren, zu bloßem Ästhetizis­mus verkommen. Das schafft Raum für andere Botschafte­n oder zumindest andere Spielforme­n derselben. Das rasante Wachstum freikirchl­icher oder evangelika­ler Gruppen bezeugt es. Nicht die Botschaft schwächelt, es sind ihre traditione­llen Überbringe­r. mübrigen ist vieles von dem, was heute geglaubt wird, anschlussf­ähig. Christen haben immer – zumindest in den frühen Jahren ihrer Glaubensge­meinschaft – versucht, bestehende Denkfigure­n, Feste und Bräuche umzudeuten, mit dem zu füllen, was aus ihrer Erfahrung heraus mehr Wahrheitsg­ehalt und Prägekraft hat. Diese Neugier ist eingeschla­fen. Vielleicht erwacht sie wieder?

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