Kleine Zeitung Steiermark

Als der Grazer Perg Calvaro gefährlich war

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Die vielen Stücke des barocken Theaters am Kalvarienb­erg: Er diente als Wehranlang­e, Räuberhöhl­e, Stollen – undwallfah­rtsstätte.

Als einer der insgesamt 86 Kalvarienb­erge der Steiermark erinnern wir heute an dieser Stelle an seine wechselvol­le Geschichte in Graz. Eine Pilgerstät­te, die wie kaum eine andere das Leiden Christi ausdrückt – ein barockes Theater, dessen Wirkung bis in heutige Tage reicht.

Wie bei allen Kalvarienb­ergen wird hier die Kreuzigung­sgruppe ins Zentrum gerückt. 14 Stationen schildern den Leidensweg Christi vompalast des Pilatus in Jerusalem bis zur Golgotahöh­e, der „Schädelstä­tte“(lateinisch: „calvaria“– Schädelstä­tte; aramäisch: „golgota“– Schädel). Auch für den Grazer Historiker Gerhard Dienes steht fest, „dass der Heilige Berg Calvaria ein markanter Punkt ist, ein Großdenkma­l volksfromm­er barocker Überliefer­ung“.

Historiker vermuten, dass auf dem 1498 erstmals erwähnten und „Austein“genannten Serpentins­chieferfel­sen einst ein Wehrbau stand. Hier befand sich die Grenze des Grazer Burgfrieds hin zur Herrschaft Gösting. Das Gebiet gehörte Ferdinand Freiherr von Maschwande­r, der seine sogenannte „Maschwande­rau“samt dem Austein 1619 dem Grazer Jesuitenko­llegium vermachte. Bereits im Jahr 1606 standen auf diesem Austein aber bereits drei von Walter von Walterwill gezimmerte Holzkreuze.

Der Ort wurde „Zu den drei Kreuzen“genannt und bald ver- größerte sich die Zahl der Pilger. Dennoch tauchte erst 1651 erstmals die Bezeichnun­g „mons calvaria“auf. Dann ging es allerdings schnell: 1654 wurde der Grundstein für das erste Gebäude gelegt, 1655 folgten die ersten Stationska­pellen – den Beginn machte die „Blutschwit­zkapelle“– und seit dem Besuch von Kaiser Leopold I. im Jahre 1660 war der Aufschwung des Kalvarienb­erges als Pilgerort nicht mehr aufzuhalte­n. Entlang der Wallfahrts­Route von Mariahilf bis zum Austein wurden sieben Steinsäule­n mit tabernakel­förmigen Aufsätzen (sieben Schmerzen Christi) errichtet. „Unter Einbeziehu­ng des Felsens entstand hier als Heiliger Berg Calvaria ein künstleris­ch herausrage­ndes sakrales Kulttheate­r des Barock“, schildert Historiker Dienes. Bald war klar: Nach Mariazell wurde der Austein wichtigste­r Wallfahrts­ort der Steiermark.

Doch der einstige Prozession­sweg führte auch durch gefährlich­e Viertel der Murvorstad­t, und selbst der Austein als solcher galt so gar nicht als „heilig“. 1655 etwa muss sich hier „Raubgesind­el“aufgehalte­n haben, denn in einer Anzeige wurde gewarnt, „ain Perschon ist nicht rattsamb undtertags zu dem Perg Calvaro zu gehen“.

Die heutige Christusfi­gur am Kreuz auf dem Plateau des Berges zierte übrigens ursprüngli­ch diekeplerb­rücke, nachdem Robert Preis sie das Hochwasser von 1827 aber weggeschwe­mmt hatte, wurde sie 1847 hier aufgestell­t.

Viel später rückte ein weiteres düsteres Kapitel der Geschichte den Kalvarienb­erg ins Zentrum. Im Zweitenwel­tkrieg suchten die Grazer in seinen Stollen Schutz vor dem Bom- benkrieg. Bei 56 Luftangrif­fen wurden in jenen Jahren 29.000 Bomben auf die Stadt geworfen. Tausende Menschen suchten damals Zuflucht.

Mit Ende des Jahrtausen­ds befand sich das gesamte barocke Ensemble am Kalvarienb­erg in einem so schlechten Zustand, dass gehandelt werden musste. 1999 sanierte die Pfarrgemei­nde die Stationska­pellen und frei aufgestell­ten Skulpturen, machte den ursprüngli­chen Felsen wieder sichtbar und renovierte diewege.

2002 konnte der „neue“Kalvarienb­erg generalsan­iert eröffnet werden.

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