Die Kraft der Ruhe
Ein Muster verbindet diewahlen der letzten Monate: Gewonnen haben ruhige, unaufgeregte, sachorientierte Kandidatinnen und Kandidaten.
Groß ist der Sieg des Salzburger Landeshauptmanns Wilfried Haslauer, größer, als er selbst gehofft zu haben schien. Wie zuvor inniederösterreich, Tirol und Kärnten haben auch die Salzburger den Stärksten gestärkt. Was sagt das über die Bedürfnisse der Wählerinnen und Wähler?
Offenbar ist derwunsch nach Aufregung, nach Wandel und Neuerungen mit der Wahl vom Oktober 2017 fürs Erste gestillt. Proteststimmung gegen die Regierung in Wien, die sonst oft Ergebnisse auf Landesebene erklären hilft, zeichnet sich nicht ab. Vor allem aber gaben die zur Wahl stehenden drei Herren und die Dame aus Niederösterreich offenbar keinen Anlass zur Klage.
Was verbindet die Amtsführung der vier doch sehr unterschiedlichen Sieger? Johanna Mikl-leitner hat sich von ihrem hemdsärmeligen Vorgänger vom ersten Tag an abgesetzt, ihre Gegenspieler auf Landesebene quasi niedergeliebt. Sie hat die Konsequenzen aus der Erkenntnis von Sebastian Kurz gezogen, die dieser in den Jahren des Niedergangs einer zerstrittenen und schrumpfenden Großen Koalition gewann: Offen zur Schau gestellte Streitbarkeit, vor allem aufwadenhöhe, vertreibt Wählerinnen und Wähler. Sein Schlagwort vom „neuen Stil“versprach, dem ein Ende zu setzen. Der Wahlsieg vom Oktober des Vorjahres bestätigte, dass Kurz damit einen Nerv getroffen hat. Dass auch FPÖ-CHEF Heinz-christian Strache, einst nicht zimperlich im groben Austeilen, inzwischen Samthandschuhe angelegt hat, passt ins Bild.
Auch der Zuspruch, der die drei Herren dieses Jahr im Amt bestätigte, erklärt sich wohl mit einer ähnlichen Haltung. Ruhig im Stil, unaufgeregt in der Rhetorik und korrekt im Umgang mit Partnern wie Gegnern regierten Günther Platter intirol, Peter Kaiser in Kärnten und Wilfried Haslauer in Salzburg. Welche Partei sie vertreten, schien weniger ins Gewicht zu fallen als diese ihre persönli- chen Eigenschaften. Anders ist der radikale parteipolitische Schwenk der Kärntner kaum zu erklären.
Für die Opposition bedeutet das schwierige Zeiten. Sowohl die SPÖ als auch die Neos greifen gerne zu scharfer Zuspitzung. Anders komme man nicht zu Wort, erklärte Neos-chef Matthias Strolz einmal die fast rabiate Wortwahl, die so wenig zu seinem Naturell zu passen scheint. Auch Christian Kern nimmt zu rauem Empörungsvokabular Zuflucht, was wenig zu dem Stil passt, mit dem er einst angetreten ist. in Nachteil des sogenannten neuen Stils zeigte sich aber auch: Nur 61 Prozent der Wahlberechtigten gingen zurwahl. Das mag am schönen Wetter gelegen sein, als einziger Grund für die kümmerliche Beteiligung genügt die Meteorologie nicht. Das Fehlen von öffentlicher Polemik erzeugt rasch das Gefühl von Selbstverständlichkeit der Zustände, der Unnötigkeit, einen Beitrag zu leisten. Offenbar wird es wieder wichtiger, Selbstverständlichkeiten ins Gedächtnis zu rufen – zum Beispiel die Bedeutung vonwahlen.
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