„Winkt nur, solange ihr es noch könnt“
UNO zeigt sich verstört über Golan-video. Nun untersucht Kommission, ob österreichische Soldaten Syrer in den Tod schickten. Ein ExKamerad: „Befehl lautete: nicht einmischen.“
Schüsse stoppen den weißen Toyota auf den Golanhöhen in Syrien. „Voller Beschuss. A poar Tote beim Auto“, ruft ein österreichischer Soldat. Er und seine Kameraden sehen zu, wie die neun syrischen Geheimpolizisten von Schmugglern erschossen werden. Zuvor haben die Soldaten des Bundesheeres den Wagen passieren lassen. Obwohl sie wussten, dass die Schmuggler im Hinterhalt lauern (wir berichteten gestern).
„Winkt nur, solange ihr es noch könnt“, hatte ein Soldat noch leise gesagt. Das alles ist auf einem Video aus dem Jahr 2012 zu sehen und zu hören, das nun unter anderen derwochenzeitung „Falter“zugespieltwurde (siehe Zitate rechts). „Verstörend“nennt es ein Sprecher der Vereinten Nationen. Die Österreicher waren als Blauhelmsoldaten der UNO auf den Golanhöhen. Was damals genau passiert ist, versucht seit gestern eine vomverteidigungsministerium eingesetzte Kommission herauszufinden.
Noch sei gar nicht bekannt, wer die Soldaten in dem Video seien, sagte Ministeriumssprecher Michael Bauer gestern zur Kleinen Zeitung: „Das soll nun unter anderem die Kommission klären. Wir stehen in Kontakt mit der UNO, die diese Informationen hat.“Über den Tod der neun Syrer wurde der UNO damals berichtet. Vergeltung für einen toten Esel wollten die Schmuggler üben, heißt es in einem internen Bericht des österreichischen Bataillons. Die Schmuggler seien dann mit einem Toten abgezogen. Ob der UNO auch berichtet wurde, dass die Soldaten von dem Hinterhalt gewusst hatten, ist noch nicht klar. „Die Kommission wird alle relevanten Meldungen, Befehle, Gesetze und Vorschriften sammeln“, sagte Bauer. Die vierköpfige Untersuchungskommission muss vor allem eines klären: Hätten die Soldaten die syrischen Geheimpolizisten stoppen müssen? Blauhelme sind zu strikter Zurückhaltung verpflichtet. Ihre Waffen dürfen sie nur zur Selbstverteidigung einsetzen. „Sie hätten die Pflicht gehabt, die Syrer zu warnen“, sagt Völkerrechtler Manfred Nowak.
Neutral müssten sie sich laut Nowak nur zwischen den Konfliktparteien Israel und Syrien verhalten. Ein ehemaliger Kamerad der Soldaten verteidigt die Männer. Sie hätten nur auf Befehl gehandelt und der war eindeutig. „Das haben mir die Kameraden nachher noch erzählt. Der Befehl lautete: nicht einmischen“, sagte der Steirer den „Salzburger Nachrichten“.
Der Ex-soldat war Teil der Kompanie, bei dem damaligen Einsatz aber nicht dabei. Seine Kameraden hätten ihm aber davon erzählt. So habe den entscheidenden Befehl der Kommandant der Kompanie über Funk gegeben. Der Befehl sei richtig gewesen, sagt der ehemalige Soldat. Die Un-soldaten wären sonst selbst auf die „Abschussliste“der Schmuggler gekommen.
Der damalige Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) sagt, er habe nichts von dem blutigen Vorfall gewusst: „An mich ist das nie herangetragenworden.“Er wäre sonst eingeschritten. Darabos’ Nachfolger Mario Kunasek (FPÖ) hat rasche Aufklärung versprochen. Ende Mai soll die Untersuchung abgeschlossen sein.
Den Soldaten könnte eine Anklage wegen Beihilfe zummord drohen.