Gehirndisco und Rockpathos
Avancierte Popmusik in allen Facetten.
Hipster, Wiener Kunstvolk und Popauskenner aller Generationen: Das Donaufestival zieht sie in Scharen an, weil man sich hier am Puls der Zeit wähnt, hoffen darf, die neuesten avancierten Pop-sounds in geballter Ladung präsentiert zu bekommen. Also nun?
Die hochverdichteten Sounds des Glasgower Technoproduzenten Lanark Artefax sind gleichermaßen extrovertiert wie kontemplativ. Zum Ende seiner Gehirndisco kreiert der Künstler eine grandiose Soundvision, deren Effekt von beeindruckenden Visuals potenziert wird. Die als Grouper firmierende Liz Harris aus Portland produzierte mit ihrem elektronisch gestützten Songwriting hallige, ephemere Geistermusik, die verweht wie Kondensstreifen am Himmel.
Aber auch ein Blick in die Pop-vergangenheit war erlaubt. Mit Godspeed You! Black Emperor kam die Band, die um die Jahrtausendwende die spannendste der alternativen Popwelt war. In epischer Breite fabrizierten die Postrock-altmeister aus Montreal ein strapaziöses, kompaktes Soundgeflecht, aus dem hin und wieder eine vibratogesättigte Gitarrenmelodie herausragt. Ein überraschungsfreies Set voller altneuem Rockpathos und politischem Sendungsbewusstsein. Mit der Amerikanerin Laurel Halo landete man dann wieder in der postmodernen Gegenwart. Martin Gasser