Der Oppositionelle von der Straße
Nikolpaschinjanwill inarmeniendie Macht übernehmen.
Erhat
sich einen Bartwachsen lassen. Dazu trägt er ein T-shirt in Tarnfarbe, Baseballkappe und Rucksack. Kaukasische Journalisten nennen ihn „Abrek“, nach den kriegerischen Vagabunden, die in früheren Jahrhunderten die Berge unsicher machten. In Armenien gibt es einen neuen politischen Star: Nikol Paschinjan, 42, Journalist und Oppositionsparlamentarier, hat fast im Alleingang, nur mit einem Handmegafon bewaffnet, eine hunderttausendköpfige Protestbewegung auf die Beine gebracht. Sie zwang Mitte April den frisch gewählten Premier Serge Sargsjan zum Rücktritt. Nun drängt sie mit Macht darauf, dass das Parlament ihren Anführer zum Regierungschef wählt. Obwohl dort noch immer Sargsjans „Republikanische Partei“diemehrheit besitzt. „Dieses System ist korrupt und unfair, ein Antigesetz-system“, parliert Paschinjan auf Armenisch, Russisch und in einem etwas holprigen, aber selbstbewussten Englisch.
Paschinjanverbrachteseinekindheit in der spätsowjetischen Industriestadt Idschewan, mit 16 ging er nach Eriwan, studierte Journalistik, flog wegen seiner Ansichten von deruni. Er arbeitete als Reporter, wurde 1999 Chefredakteur der Zeitung „Oragir“, die Behörden machten sie bald dicht. Paschinjan schrieb Enthüllungsgeschichten über Banditen und Korruption, man jagte sein Auto in die Luft, er handelte sich Verleumdungsklagen ein, wurde verurteilt. Er ging in die Politik, protestierte 2007 gegenwahlbetrug. Aus gleichem Anlass beteiligte er sich an der Organisation neuer Straßenproteste nach den Präsidentschaftswahlen 2008, landete für zwei Jahre hinter Gittern. Ein Quertreiber, der aber immer friedliche Proteste propagierte.