Zur Person
Jg. 1968, ist seit 2009selbstständiger Managementund Organisationsberater. Nachdem Studium der Biologie/ökologie und Betriebswirtschaft inwienund Lausanne (MBA) war er zuerst viele Jahre als Projektleiter, Manager, Geschäftsführer und Vorstand (OMV, Compass Group, Pewag) tätig. Ich
bin kein Bildungsexperte für Jugendliche und sehe das Ergebnis unserer Bildungsstätten eher später in meiner Arbeit mit Erwachsenen. Die Reifeprüfung als Unterscheidungsmerkmal für einen Allgemeinbildungsansatz, der Grundlage eines gemeinsamen Verständnisses sowie Voraussetzung für Universitätsreife sein kann, stelle ich per se nicht infrage.
In meiner langjährigen Tätigkeit als Management- und Organisationsberater mit Menschen in Veränderungsprozessen mache ich, ohne generalisieren zu wollen, immer wieder vergleichbare Beobachtungen: Jene Menschen, die einen klassischen Bildungsweg gegangen sind, stoßen als Führungskräfte und Gestalter in komplexen Situationen oft an ihre Grenzen. Dannsind oft jene gefragt, die in der Schule die Unbequemen, die „Enfants terribles“waren. Mit anderenworten die, die frei sind quer zu denken, Ideen zu produzieren und neuewege zu beschreiten, anstatt zu entsprechen. Die aber auch bereit sind, Fehler zuzulassen und einzugestehen.
Meines Erachtens gibt es einen Zusammenhang damit, wie heute immer noch in Schulen Wissen vermittelt und abgefragt wird. Wenn es das Ziel sein soll, jungen Leuten zu ermöglichen, die Komplexität der heutigenwelt aktiv und verantwortungsvoll gestalten und weiter-
„Reife“für die aktive Anteilnahme an unserer heutigen Gesellschaft festzustellen, dann greift reines Faktenwissen, wie es heute oft bei der Matura abgefragt wird, einfach zu kurz.
entwickeln zu können, dann greift die Abrufbarkeit vonwissen zu kurz.
Existierende Schulsysteme, die nicht einseitig auf Wissensgenerierung schauen, bringen junge Menschen hervor, die ein anderes Sozialverhalten vorleben. Der Unterschied wird im Selbstverständnis sichtbar, mit dem diese Menschen in die Welt gehen; an der eigenen Urteilsfähigkeit undmeinung. Das ist mehr als Faktenwissen. Um ein Maximum an Intelligenz nutzen zu können, müssen Hirn, Herz und Hand in einem wohltemperierten Maß zusammenspielen.
Die Bildungskonzepte haben sich bei uns in den letzten Jahrzehnten durchaus auch weiterentwickelt und Fortschritte gemacht. Allgemeinbildung ist weiterhin die Basis für einen gemeinsamen Verständniskodex. Meines Erachtens wäre es ein begrüßenswerter nächster Entwicklungsschritt, für ein Reifezeugnis Kriterien zu entwickeln, die sich nicht nur an der Wissensreproduktion orientieren. Auch Kriterien sozialer Fertigkeiten, wie z. B. selbst urteilen und Position beziehen zu können, anstatt zu entsprechen, frei und unabhängig neuewege zu beschreiten usw. – eben auch Kriterien für Herz (Glaubwürdigkeit und Vertrauen) und Hand (Tatkraft und Struktur) – gehören in gleicher Weise berücksichtigt.