58. BIENNALE ARTE DI VENEZIA Ästhetik des Riskanten
Performancekünstlerin Renate Bertlmann vertritt 2019 Österreich bei der Biennale von Venedig. Es ist der erste Soloauftritt einer heimischen Künstlerin am Lido.
Lange hat’s gedauert. 2019 wird erstmals eine Künstlerin allein den ÖsterreichPavillon der Kunstbiennale in Venedig bespielen. Und was für eine! Seit Jahrzehnten befasst sich Renate Bertlmann (75) in Performancekunst, in Zeichnung, Skulptur, Foto, Film und Text mit Rollen- und Körperbildern. Der bissig-ironische Zugang, den sie dafür wählt, sei „untrennbar mit einer Ästhetik des Riskanten“verbunden, sagt Österreichs Biennale-kommissärin Felicitas Thun-hohenstein. Bertlmanns Arbeit sei oftmals „provokant und verstörend, missverständlich, zweifelnd, herausfordernd“– sie öffne „Horizonte des Fragens“und schaffe „sinnliche Erfahrungsund Denkräume“.
Auch wenn die Einladung spät kam, ganz unerwartet ist sie nicht: Erst im Oktober letzten Jahres erhielt die Wienerin die höchste Auszeichnung, die die Republik an Künstler vergibt. Bei der Verleihung des Großen Österreichischen Staatspreises würdigte der damalige Kulturminister Thomas Drozda (SP) Bertlmann als „eine der feministischen Pionierinnen, deren Werk weit über Österreich hinaus wirkt“. Tatsächlich steigt das internationale Interesse an Bertlmanns Arbeiten. Ihrewerke waren zuletzt etwa in New York, London und Südkorea zu sehen. In Österreich nahm sie jüngst an der Gruppenschau „Woman“zur feministischen Avantgarde aus der Sammlung Verbund im Wiener Mumok teil.
Dass sie nun als erste Frau den österreichischen Pavillon solo bespielen wird, freue sie nicht so sehr für sich selbst wie „als Initialzündung“, sagt die Künstlerin. Auf die Frage, warum dieser Schritt so lange gedauert habe: „Wir sind wirklich nicht ernst genommen worden.“Das Ausmaß des Widerstands gegen weibliche Kunst könne man sich heute Gott sei Dank kaum noch vorstellen – die heutige Anerkennung sieht sie umso mehr als „organische Entwicklung: wenn man die Kraft hatte durchzuhalten“.
Kulturminister Gernot Blümel (VP) ist gespannt auf die angekündigte Provokation, konnte für das Budget, das um 50.000 Euro auf 450.000 gewachsen ist, aber keine weitere Erhöhung klar in Aussicht stellen. Laut Kommissärin ThunHohenstein müssen noch 260.000 Euro aus privaten Mitteln aufgestellt werden.
58. Kunstbiennale Venedig.
11. Mai bis 24. November 2019. www.biennalearte.at