„Verdammtes Weibsvolk, bleibts bei eure Kochlöffel!“
Vor 99 Jahren wurden die drei ersten Frauen in den steirischen Landtag gewählt – ein Meilenstein der steirischen Gleichberechtigung.
Es war ein langer Weg, bis in Österreich das Wahlrecht für jedermann galt. Denn in der Donaumonarchie durften nur die Reichen und Besitzenden (Männer und Frauen) wählen, das heißt, alle, die eine hohe Steuerleistung brachten. Von einer Demokratie war man bis zum Ende der k. u. k. Monarchie trotz Verfassung weit entfernt. Bis 1895 waren nur knapp fünf Prozent der Bevölkerung aufgrund ihrer Steuerleistung wahlberechtigt. Und von diesen fünf Prozent gingen nur 20 bis 40 Prozent zur Wahl. Erst 1907 bekamen dann nach langen Kämpfen die „normalen“Männer das Wahlrecht zuerkannt. Da jedoch alle Parteien Angst hatten, dass diese Reform wackeln würde, wenn sie sich auch noch für das Frauenwahlrecht einsetzten, ignorierten sie die Bestrebungen der Frauen total.
Erst 1918 schlug mit Ende des Ersten Weltkriegs und der Monarchie die Stunde der Frauen. Am11. Mai 1919 – also vor 99 Jahren – fanden die ersten freien Landtagswahlen der Ersten Republik in der Steiermark statt, an denen auch Frauen aktiv und passiv teilnehmen konnten.
Die Christlichsoziale Partei erhielt 46,5 Prozent der Stimmen und 35 der 70 Mandate, die Sozialdemokratische Arbeiterpartei 34,3 Prozent und 24 Mandate, die Steirische Bauernpartei des Verlegers Leopold Stocker 12,7 Prozent und neun Mandate und diedeutschdemokratische Partei des bisherigen Landeshauptmannes Wilhelm Kaan nur 3,4 Prozent und zwei Mandate – wobei dieses Ergebnis genau die Umkehr der alten Machtverhältnisse widerspiegelt. Neuer Landeshauptmann wurde der christlichsoziale Kandidat Anton Rintelen, und erstmals zogen auch drei Frauen in den Steiermärkischen Landtag ein: die beiden christlichsozialen Abgeordneten Olga Rudel-zeynek (1872–1948) und Marianne Millwisch-kaufmann (1884–1973) sowie die sozialdemokratische Abgeordnete Martha Tausk (1881–1957).
Olga Zeynek aus Olmütz in Mähren, die 1897 den k. u. k. Offizier Rudolf Rudel heiratete, hielt sich beim Ausbruch des Erstenweltkriegs beiverwandten in Graz auf und half in einer Armenküche aus. Sie engagierte sich in der Katholischen Frauenorganisation und begann Märchen zu schreiben, die sie in verschiedenen Zeitungen veröffentlichte. Als ihr Mann verwundet nach Wien versetzt wurde, weigerte sie sich mitzugehen und ließ sich scheiden. Nach Kriegsende wurde den Frauen das Wahlrecht zugestanden und sie machte vehementwerbung dafür. Das missfiel sehr vielen Männern, die ihre Reden oft unterbrachen und riefen „Verdammtes Weibsvolk, bleibts bei eure Kochlöffel!“Oder: „Lieber einen Chinesen als eineweibliche Abgeordnete!“Dennoch zog sie 1919 in den Steiermärkischen Landtag ein. 1920 bis 1927 vertrat sie die Steiermark imnationalrat und 1927 bis 1934 im Bundesrat. Hier hatte sie 1927/28 und 1932 sogar den Vorsitz inne undwar damitweltweit die erste Frau, die in einem Staat einer parlamentarischen Körperschaft vorstand. Rudel-zeynek engagierte sich sehr für steirische Belange und konnte im Sommer 1932 die obersteirische Stadt Eisenerz durch Spenden aus der Schweiz vor dem wirtschaftlichen Ruin bewahren.
Die zweite christlichsoziale Abgeordnete war Marianne Kaufmann aus Graz-liebenau, eine Lehrerin und Schuldirektorin, die 1925 den Archivar Franz Millwisch heiratete und sich in derkatholischen Frauenorganisation engagierte, da sie nach der Heirat ihre Stelle aufgrund des „Doppelverdienergesetzes“aufgeben musste. Von 1919 bis 1934 war sie Abgeordnete im steirischen Landtag und setzte sich für die Unterstützung der Armen und Arbeitslosen, für die Kinder- und Jugendfürsorge sowie Bildung ein.
Martha Frisch war die dritte Abgeordnete, die 1919 in den