Radikal politischer Parcours
„The Sound of Music“und „Allah vs. Coca Cola“: Ekaterina Degot setzt bei der Repolitisierung des steirischen herbst auf radikale Ideen unter glänzenden Etiketten.
Langsam nimmt der herbstZug Fahrt auf: Das gesamte Programm unter dem Titel „Volksfronten“soll zwar erst kurz vor Festivalstart präsentiert werden, angeblich sind etliche Projekte noch im Entstehen. Die Eröffnung am 20. September verspricht aber einiges Aufsehen: Zum Auftakt lädt das „Bread and Puppet Theater“aus Vermont zur Parade durch Graz. Seit den 60er-jahren verbreitet die Gruppe um Mastermind Peter Schuman mit übergroßen Puppen Anti-establishment-ideen mittels Spektakeln, die sich gegen repressive Politik, Kapitalismus, Umweltzerstörung etc. wenden. Für Graz könnte eine Show „im TrumpKontext“entstehen, deutet Degot an. Nichtweniger radikal im Ausdruck ist das Performancekollektiv Laibach. Erstmals 1986 zu Gast im herbst, filtert die Gruppe nun aus dem Musical „The Sound of Music“eine Bühnenshow, die Einblicke ins (Selbst-)bild Österreichs verspricht. Teil drei des Eröffnungsabends markiert ein Projekt des slowenischen Theaterregisseurs Dragan ivadinov.
Brüche mit herbst-gewohnheiten gibt es in diesem Programm etliche; keine Eröffnung in der List-halle (diese wird von der Moskauer Künstlerin Irina Korina installativ bepflanzt), Refokussierung auf „mehr bildende Kunst, mehr Installationen und Kunst im öffentlichen Raum“, sagt Degot: „Generell wird das Festival als Ausstellung organisiert, als Parcours verschiedener Orte.“
Es sei aktuell „besonders wichtig, radikale und politische Kunst zu zeigen“, glaubt Degot. Nazizeit, Austrofaschismus, Nachkriegszeit werden im Programm eine zentrale Rolle spielen, detto ein OsteuropaSchwerpunkt. Am Eröffnungswochenende etwa mit dem Performanceprojekt „Allah vs. Coca Cola“des russischen Dramatikers und Regisseurs Ivan Vyrypaev und einem Happening des ungarischen Duos Igor & Ivan Buharov (beide ab 21. 9.) und einer auf den „Menschenlandschaften“des türkischen Dichters Nâzım Hikmet fußenden Performance des belgischen Choreografen Michiel Vandevelde. Milica Tomic´, Michael Zinganel, Yoshinoriniwa, Henrike Naumann befassen sich mit Österreichs jüngerer Geschichte, das Theater im Bahnhof lädt zu Taxifahrten durch Graz, zwei Symposien befassen sich mit „Unseren kleinen Faschismen“und der „Hässlichkeit der Bilder“.