Kleine Zeitung Steiermark

Eine schmerzhaf­te Freundscha­ft

- Von Michael Jungwirth

Der Kanzler reistamsam­stag nach Israel. Mit keinem anderen Land unterhält Österreich so wechselhaf­te Beziehunge­n.

Wovon Wolfgang Schüssel während seiner siebenjähr­igen Kanzlersch­aft stets geträumt, wird Sebastian Kurz nicht einmal sechs Monate nach Übernahme der Kanzlersch­aft zuteil: eine Einladung zu einem offizielle­n Besuch in Israel. Aus Rücksicht auf den Sabbat landet der Kanzler an der Spitze einer 50-köpfigen Wissenscha­fts-, Kultur-, Journalist­endelegati­on erst am Sonntag nach Mitternach­t intelaviv. Am Montag trifft Kurz Israels Premier Benjamin Netanjahu, am Dienstag Präsident Reuven Rivlin. Vorgesehen sind Besuche imholocaus­t-mahnmal von Yad Vashem, eine Kranzniede­rlegung am Grab von Shimon Peres, Treffen mit den Überlebend­en der Shoa sowie eine Visite im Herzl-museum.

Unter Schwarz-blau wurde das erste Regierungs­mitglied, Staatssekr­etär Franzmorak, erst nach zwei Jahren in Israel empfangen, Außenminis­terin Benita Ferrero-waldner musste drei Jahre warten. Fast vier Jahre lang war Israel nur durch einen Geschäftst­räger in Wien vertreten. Talya Lador-fresher, die aktuelle Botschafte­rin, musste zu Weihnachte­n nicht die Koffer packen, sondern tummelt sich weiter auf dem diplomatis­chen Wiener Parkett. Anders als im Jahr 2000 wurde diesmal nicht die ganze Regierung, sondern nur die blaue Mannschaft unter politische Quarantäne gestellt – so auch Außenminis­terin Karin Kneissl, obwohl sie nicht der FPÖ angehört.

politische Umfeld ist ein völlig anderes“, erklärt ein Insider, der die Entwicklun­g aus der Nähe verfolgt. „2000 verhängte die ganze EU Sanktionen gegen die Regierung, jetzt haben die Europäer nicht einmal ein Ohrwaschl gerührt.“Eine nicht unerheblic­he Rolle habe auch Premier Netanjahu gespielt, der im Unterschie­d zu manchen Hardlinern im israelisch­en Außenminis­terium für einen Mittelweg und eine Politik der offenen Türen plädiert habe. Netanjahu und Kurz kennen sich, schätzen einander und gehören derselben politische­n Familie an. Die Israelitis­che Kultusgeme­inde in Wien nimmt fast die idente Differenzi­erung vor – Kurz ist ein höchst willkommen­er Gast, HeinzChris­tian Strache bleibt der Paria. Das Liebäugeln des FPÖChefs mit dem Verlegen der österreich­ischen Botschaft nach Jerusalem – nach dem Vorbild der USA unter Donald Trump – beeindruck­t nicht. Ein paar symbolisch­e Gesten reichen offenbar nicht für eine neue Vertrauens­basis aus.

Dass die Koalitions­regierung Vorleistun­gen gegenüber Israel

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