„Man kann keine Weltgrenzen festlegen“
Audi-chefdesigner Marc Lichte soll der Marke ein neues Gesicht geben. Über seine Segelleidenschaft kam er einst in die Autobranche.
Dieweltpremiere des neuen Q8 in Shenzhen, China (siehe auch Seite 43), hatte den Charakter eines Popkonzerts: Mtv-award-gewinnerin Daya besang den Neuen in der Audi-modellpalette, die Lichtund Lasershow heizte die Stimmung an. Mittendrin: Marc Lichte, seit 2014 Audi-chefdesigner. Der passionierte Segler, der selbst die kleinsten Details (Windmessanlage, Bugstrahlruder etc.) an seinem Boot selbst designt, musste für Selfies genauso herhalten wie für Interviews. Allein schon wegen seiner Körpergröße ist der gebürtige Deutsche in
China eine Er- scheinung. „Ich sage ja sonst schon immer, ich liebe meinen Job. Aber das hier, die Präsentation des Q8, ist schon ein Highlight“, lacht er, um gleich noch draufzusetzen: „Eigentlich bin ich schon weiter, das Auto habe ich bereits vor drei Jahren begonnen.“Lichte ist in einer schwierigen Zeit zu Audi gekommen. Er muss das Design der Marke neu definieren, die Modelle stärker differenzieren, ohne die Kunden zu verschrecken. Er soll einen Weltgeschmack finden, während China, der wichtigste
Markt für
Audi, völlig anders tickt als die USA oder Europa. „Klar mögen Chinesen eher expressionistisches Design. Aber ich behaupte, man kann heute keine Weltgrenzen mehr festlegen. Deshalb haben wir weltweit digitale Designstudios, auch in Peking.“Weil sich hier die Gesellschaft so schnell verändert wie nirgendwo anders. „Auch Audi ist immer einen eigenenweg gegangen“, betont Lichte. Der UrQuattro mit seiner „markanten trapezförmigen Säule“und der TT der ersten Generation mit dem „extrem flachen Dach“hätten ihn beeinflusst, sag
te er einmal.
Segeln Lichte
gehört schon
Zur Person
bei seit Kindheitstagen zu seinem Leben. Irgendwie wurde er zu einem Wanderer zwischen Segel- und Autowelt. Wenn ihm in der Schule langweilig war, zeichnete er „auf die linke Seite von Büchern Autos und auf die rechte Segeljachten“. Sogar für seinen Jobeintritt als Autodesigner war das Segeln verantwortlich: Bei einem Designwettbewerb waren 25.000 Mark (rund 12.782 Euro) zu gewinnen. Das Geld wollte er unbedingt, um ein Segelboot zu kaufen. Ein ganzes Jahr arbeitete er am Konzept, als Juroren waren Designer wichtiger Automobilmarken anwesend. Er gewann und segelte nicht nur mit einem neuen Boot, sondern auch in die Autobranche. Marc Lichte, geborenam9. August 1969 in Arnsberg/sauerland. „Transportation Design“-studium Hochschule Pforzheim; ab 1996 bei der Volkswagen AG. Leiter des Design Exterieur Studios, arbeitete anserienmodellen wievwgolf (Generationen 5, 6und7), demvwpassat, demvwtouaregund dem VW Arteon. Seit 1. Februar 2014 leitet Marc Lichte das Audi-design, inklusive Gestaltung der Rennwagen.