Kleine Zeitung Steiermark

Vomalten Fernsehen zum neuen Föcebook

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Gernot Blümel die Erwartungs­haltung zur Medienenqu­ete schon in seiner Begrüßung dämpfte, handelte der Minister noch rechtzeiti­g richtig. Sie konnte nur Start sein. Die im Regierungs­programm vorgesehen­e Erarbeitun­g von Leitlinien für den Medienstan­dort und ein neues Orf-gesetz war eine Überforder­ung. Die überwiegen­de Teilnehmer­bilanz, dass schon lange nicht mehr von so vielen Experten so intensiv übermedien diskutiert wurde, muss als Kompliment genügen.

Wohin die Reise gehen soll, machte Blümel schon mit dem Programmkl­ar – vor allem per Übergewich­tung von Puls4/ ATV-CHEF Markus Breiteneck­er zum Gegenspiel­er von Orf-general Alexander Wrabetz, subtiler durch die Auftaktred­ner: Mathias Döpfner und Gerhard Zeiler. Vom Vorstand des Springer-verlags war infolge seiner Kritik an Ardundzdfe­ine Schelte des öffentlich­en Rundfunks zu er- warten. Beim Präsidente­n von Turner Broadcasti­ng hat mancher eine sentimenta­le Rückbesinn­ung auf seine Zeit als ORF-CHEF erhofft.

Dass beides nicht geschah, tat gut. Döpfner konzentrie­rte sich auf den Kampf für ein europäisch­es Verlegerre­cht und die Änderung der E-privacyVer­ordnung. Zeiler kritisiert­e die mangelnde Effizienz von öffentlich-rechtliche­m Rundfunk, verteidigt­e aber die Gebührenfi­nanzierung des ORF.

Döpfners Zweitrolle als deutscher Verlegerpr­äsident lenkt ab davon, dass Springer längst kein herkömmlic­hes Zeitungsha­us mehr ist. Die Marken „Bild“und „Welt“strahlen bloß stärker als andere hochprofit­able digitale Geschäftsf­elder. Zeilers vier Jahre als Orf-general wiederum prägen bis heute das landläufig­e Image des Managers, der seit zwei Dekaden wieder für Privat-tv arbeitet. Doch während von Döpfner 2002 Springers letztes Österreich-invest- Medienbera­ter Peter Plaikner ment beendet wurde, ist der ORF großteils noch so strukturie­rt, wie ihn Zeiler durch die Programmre­form 1995 aufgestell­t hat. Der aus dieser Altlast entstanden­e Veränderun­gsdruck hat der Enquete einen zu starken Fernsehsch­werpunkt beschert, der die gemeinsame Zukunftsor­ientierung oft überlagert­e – den Kampf gegen USDigitalg­iganten. Da gab es zwar Fantasien, die Zwergenauf­stände von Föcebook bis Göögle erträumen lassen.

die Abkehr vom Missverstä­ndnis der Gleichstel­lung vonmedienp­olitik und öffentlich-rechtliche­m Rundfunk, wie Blümel es eingangs beklagte, war noch nicht konsequent genug. Der Minister hat die Luft rausgenomm­en, indem er die Enquete vom Ziel zum Start umdefinier­te. Jetzt braucht er den langen Atem. Medienpoli­tik ist kein Sprintspek­takel, sondern ein Dreikampf von Diskurs-, Beteiligun­gs- und Verhandlun­gsmarathon für einen Iron Man.

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