Rückschritt oder Fortschritt?
Bald wird’s ernst: Kommt der Zwölf-stunden-tag? Wenn ja, was könnte das für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bedeuten?
Ende Juni ist es soweit – bis dahin will die Bundesregierung einen Vorschlag zum Zwölf-stunden-tag unterbreiten. Die maximale Tagesarbeitszeit von zehn Stunden und die Wochenarbeitszeit (mit Überstunden) von 50 sollen dabei allerdings nicht überschritten werden. Ziel des Ganzen ist vielmehr, die wöchentlichen Arbeitsstunden bei Gleitzeit auf 60 auszudehnen, wenn Bedarf besteht. Die Betonung liege auf „freiwillig“. „Die vorgeschlagene, dringend notwendige fairemodernisierung der Arbeitszeit“bedeute laut IV-GEneralsekretär Christoph Neumayer nicht, „dass jeden Tag zwölf Stunden gearbeitet werden soll“. Es sollte lediglich möglich sein, „in Ausnahmefällen statt bisher zwei maximal vier Überstunden an einzelnen Tagen machen zu können und dies bei Erhalt aller Zuschläge“.
Kommt die 60-Stunden-wo- che, stellt sich für Karl Schneeberger, Experte für Arbeitnehmerschutz, vor allem die Frage, wie oft man zwölf Stunden täglich leisten kann, ohne dass man gesundheitlich gefährdet sei. Das gilt freilich weniger für Bürotätigkeiten als für Arbeitnehmer, die etwa bei jedemwetter schwere Arbeit im Freien verrichten.
Und: „Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird sich dadurch nicht verbessern“, ist sich Schneeberger sicher. Angenommen, man pendelt zur Arbeit, kommt man nach 13 oder 14 Stunden nach Hause. Ein Elternteil muss also zum Wohle der Kinder auf jeden Fall zurückstecken – es würde wohl zumeist die Mütter zur Teilzeit zwingen. Das hat auch eine Online-umfrage zum Zwölf-stunden-tag der Arbeiterkammer ergeben: Rund zwei Drittel der mehr als 17.700 Teilnehmer hatten demnach bereits „vereinzelt