Passion einer Heiligen und Hure
Mit „María de Buenos Aires“von Astor Piazzolla geht die Oper Graz ins Saison– finale. Die ausverkaufte „Operita“in den Kasematten ist stimmig und tiefgängig.
Ibrakovic und Adi Lovancic Chor und Bewegungschor zu illustren Straßenszenen und bietet in ganz mit und in der Musik inszenierten Aufzügen und Tableaus auch enormen Schauwert. Speziell im zweiten Teil, wo Marías Gang in die Hölle zu einem Albtraum zwischen surrealer Messe, Brueghels Höllenbildern und einertangoHorror-picture-show wird.
Vibeke Andersen lässt die Kasematten ungewohnt, aber geschickt in der Breite bespielen. Ihre Bühne dominiert ein Riesenherz, das in einem Danse macabre zu Piazzollas herzzerreißender Musik von Fleischhauern ausgeblutet, filetiert und sogar mit einem Bratenthermometer getestet wird – María, ein gefundenes Fressen für Männer, Machos und Matrosen.
Anna Brull gibt der Naiven, die durch das Leben mäandert, starkes Profil. Die Katalanin kostet Piazzollas seufzerische Melodien aus, führt ihren Mezzo zwischendurch aber auch, als ob sie mit Ginebra gegurgelt hätte, und lässt in den Abgrund einer in den Wahnsinn Getriebenen schauen. Der Madrilene
Die Grazer Philharmoniker sind mit E-gitarre und Bandoneon ja eher selten besetzt. Hanspeter Kapun und Martin Vescelovicz fügen sich bestens in das „Operitaorquestra“, das von der Seite, halb von Plexiglaswänden verdeckt, auch über Boxen zu hören ist und mit technischer Meisterleistung nahezu bruchlos Kontakt hält zu den mit Mikroports ausgestatteten, zwischendurch fast 30 Meter entfernten Vokalsolisten. Marcus Merkel am Pult und sein Kammerensemble verbreiten erfrischenden Südamerika-flair, da und dort hätte Piazzollas unnachahmlicher Mix aus Milonga, Jazz, Barmusik und Klassikelementen wie Toccata und Fuge aber ruhig noch ein bisschen „dreckiger“sein können.