Wenn der falsche Wurf Millionen kostet
Feuchttücher, die im Klo landen, stellen die Abfallbranche vor große Schwierigkeiten.
Eigentlich
gibt es ja Dinge, die will man gar nicht so genau wissen. Etwa, was Feuchttücher machen, nachdem sie in der Klomuschel verschwunden sind.
Nichts Gutes – das sei gleich einmal vorweg gesagt. In einer aufwendigen Studie sind Spezialisten der Montanuniversität Leoben vom Institut für Abfallverwertungstechnik und Abfallwirtschaft unter Leitung von Martinwellacher genauer dieser Frage nachgegangen.
Denn der Auftraggeber – die Gemeinschaft Steirischer Abwasserentsorger – hat seit Langem große Probleme mit diesen Feuchttüchern. Hunderttausende Euro müssen jährlich dazu verwendet werden, um Pumpen und Rechen zu reinigen. Aber dazu später.
„Für uns hat sich eine ganze Welt an Feuchttüchern aufgetan“, berichtetwellacher über die Ergebnisse der Studie, die rund 20.000 Euro kostete. Es gebe Baby-feuchttücher, Hygiene-feuchttücher, Feuchttücher für Toiletten und solche für die Reinigung, es gibttierFeuchttücher (zum Abwischen von Eutern beispielsweise), Desinfektionsfeuchttücher und vieles mehr.
Das Problem: Sie sind unterschiedlich reißfest, wie physikalische Versuche ergaben. Den Tüchern ist dies nicht an- zusehen – es gibt keine Kennzeichnungspflicht zum Reißverhalten. Wellachers Tipp: „Man kann selbst einen Zerreißtest machen und sollte sich auf solche Tücher beschränken, die sich leicht zerreißen lassen.“
Denn wenn die Tücher, oft aus Plastik, in den Kanal kommen, verstopfen sie alles. Aus drei Versuchsreihen an Kläranlagen in Gössendorf bei Graz, Kapfenberg und Mautern konnten die Experten auf den Euro genau (!) hochrechnen, wie viel Schaden in der Steiermark dadurch entsteht: 3.571.285 Euro Zusatzkosten errechneten die Montanisten.
Das Schockierende:
Die Zusatzkosten in der Kanalisation sind zweieinhalb Mal so hoch wie der Preis der Feuchttücher!
Schlussfolgerung: Finger weg von zerreißfesten Feuchttüchern. Und wenn man sie schon verwendet oder verwenden muss, dann sollten sie im Restmüll entsorgt werden.
Die Abfallentsorger wollen, zum Teil gemeinsam mit dem Land Steiermark, die Haushalte aufklären. Mittelfristig sollen Hersteller und Händler animiert werden, auf Kunstfaser-tücher zu verzichten. Und zu guter Letzt strebt man ein Eu-weites Verbot der PlastikFeuchttücher an.
Norbert Swoboda