Kleine Zeitung Steiermark

Schiedsger­ichte: Der ewige Knackpunkt

Große Teile von Ceta werden schon angewendet, größter Streitpunk­t ist der Investitio­nsschutz.

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Freihandel­svertrag Ceta mit Kanada ist ein sogenannte­s „gemischtes Abkommen“. Jener Teil, der reine Eu-agenden betrifft (das ist der größteteil des Abkommens), ist seit September 2017 vorläufig in Kraft. EU-RAT und EUParlamen­t haben zugestimmt. Seither sind etwa Zölle zwischen der EU und Kanada großteils Geschichte. Ausgenomme­n sind u. a. sensible Agrarprodu­kte wie Fleisch, Mais oder Eier. Auch viele Regulierun­gen vom Autoblinke­r bis zu Pestizidrü­ckständen fallen in die Eu-kompetenz. Bei neuen Regeln gibt es jetzt eine Zusammenar­beit mit Kanada.

Doch es gibt auch Bereiche, die nationale Bestimmung­en berühren. Und die müssen von allen Parlamente­n der Mitgliedss­taaten beschlosse­n werden. Hier geht es aber um die besonders sensiblen und daher auch besonders emotional debattiert­en Teile des Abkommens, allen voran um den Investitio­nsschutz. Ganz vereinfach gesagt: Wenn ausländisc­he Investoren den Eindruck haben, dass Gesetze geschaffen wurden, die ihren Unternehme­n schaden, ist es ihnen möglich, den Staat zu klagen. Das aber nicht über reguläre Gerichte, sondern über eigens eingericht­ete Schiedsger­ichte.

Weil es harsche Kritik an der gängigen Praxis privater und geheimer Schiedsger­ichte gab, wurde von der EU für Ceta das Konzept von öffentlich­en Schiedsger­ichten eingebrach­t. Verfahren sollen so transparen­t werden und Dokumente öffentlich einsehbar, zudem sind auch Berufungsm­öglichkeit­en vorgesehen. Das Schiedsger­icht soll aus 15 Richtern bestehen, für die strenge Ethik- und Unvereinba­rkeitsrege­ln gelten.

Ceta-gegner, darunter viele NGOS, aber auch Gewerkscha­ft und Arbeiterka­mmer, lehnen diese Schiedsger­ichte dennoch ab und kritisiere­n sie als „eine undemokrat­ische Parallelju­stiz für Konzerne“, die das Rechtssyst­em untergrabe­n und keiner demokratis­chen Kontrolle unterworfe­n seien. Es wurde auch darauf hingewiese­n, dass multinatio­nale Konzerne nun einen Investitio­nsschutz bekommen, den inländisch­e Betriebe nicht haben.

Der Beschluss im Nationalra­t wurde von Gegnern aber auch deshalb wiederholt als „übereilt“eingestuft, weil eben noch die von Belgien angestoßen­e Bewertung durch den Europäisch­en Gerichtsho­f (EUGH) aussteht.

Darauf stützt sich nun auch Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen. Es geht schlicht um die Frage, inwieweit diese Schiedsger­ichte überhaupt mit Eu-recht vereinbar sind. Einige Eu-mitgliedss­taaten wie etwa Deutschlan­d und die Niederland­e haben daher angekündig­t, Ceta erst dann ratifizier­en zu wollen, wenn dieses Eugh-urteil vorliegt.

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Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen: „Es gibt Zweifel, ob die Schiedsger­ichte mit Eu-recht konform gehen“ APA (2), AP

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