Brainstorming für den Kampf bis aufs Messer
Private Notizen bringen den Erstangeklagten im Identitären-prozess in Erklärungsnotstand. Politisch läuft es für ihn aber gut.
rung zum Straßenkampf, sagt Sellner. Wahrscheinlich habe er dieses Papier, das „in keiner Weise“gegen Flüchtlinge oder andere Gruppen hetze und das er heute „emotional und vielleicht peinlich pathetisch“finde, während irgendeiner Vorlesung notiert. Oder es war nur ein Brainstorming. Einige Mitangeklagte kämpfen mit Müdigkeit, während Sellner im Erklärungsnotstand rhetorische Flexibilität und viel ideologisches Hintergrundwissen aufwendet.
Kaum weniger ideologielastig ist ein Konzeptpapier, das von einem Mitangeklagten verfasst wurde und das gegen die Regierung Faymann gerichtet war. Vom Selbstverständnis als „Hopliten“(Krieger im antiken Griechenland) und „Spartiaten“ist da genauso die Rede wie von „Vorbereitung der FPÖ auf Anfragen“als Teil des aktivistischen Konzepts.
„Gab es eine gemeinsame Lobbyarbeit mit der FPÖ?“, fragt der Staatsanwalt. „Nein.“– „Eine Kooperation?“– „Nein.“Es habe auch keine Absprachen gegeben und die Identitären seien auch keine Vorfeldorganisation der FPÖ. „Im Augenblick ist es Kurz, der unsere Forderungen am stärksten umsetzt.“Rechtsstaatlich passiere jetzt genau das, was die Identitären gefordert hätten, etwa Grenzschließung und Zäune.
Der Verfassungsschutzbericht 2017 bezeichnet die Identitären als rechtsradikal und attestiert ihnen „Gewaltbereitschaft“. Sellner findet das ideologisch und falsch. „Unsere Aktionen waren immer dezidiert gewaltfrei.“Eine Frage hat der Staatsanwalt noch: Nachdem Aktivismus ja irgendwann kindisch werde und jetzt sowieso alles „paletti“sei: „Löst sich die IBÖ auf oder wird sie eine Partei?“– „Weder noch, wir wollen eine Bewegung bleiben.“
Der Prozess wird heute fortgesetzt. Die Urteile sollen Ende Juli fallen.