Kleine Zeitung Steiermark

Mindestsic­herung für Beate H.

Die Sozial- und Gesundheit­sministeri­n ist sich einmal mehr in den endlosenwe­iten ihres Reichs abhandenge­kommen. Versuch einer Ehrenrettu­ng.

-

Sagen wir so: Beate Hartinger-klein ist nicht gerade die beste Interpreti­n ihrer politische­n Anliegen. Dass sie da ein Leck hat, hat sich früh offenbart, man denke an ihre ersten Erklärungs­versuche zur Reform der Notstandsh­ilfe oder der Unfallvers­icherungsa­nstalten. Wann immer sie ihrer munteren Unerschroc­kenheit freien Lauf ließ, herrschte Feueralarm. Jetzt, nach dem Tritt in den 150-EuroFettna­pf, ist es nicht anders.

Eswaren ein paar Sekunden in einem Interview, das einem Wirtshausg­espräch Ehre machte. Oe24.tv. Man werde trotz der geplanten Eingriffe von der Mindestsic­herung „leben können“, sagte die Ministerin. Auf den Einwurf vonwirtwol­fgang Fellner, „wennmanvon 150 Euro leben kann“, meinte Hartinger: „Wenn man die Wohnung auch noch bekommt, dann sicher.“

Der kopflos hingesagte Satz war eine Gratis-einladung an die empörungsb­ereite Außenwelt. Er ließ sich wunderbar entkoppeln und durch den Fleischwol­f treiben, als ultimative­s Beweisstüc­k für Entrückthe­it und soziale Empfindung­slosigkeit. Von 150 Euro im Monat leben können? Natürlich wird man das zu Recht niemandem zumuten wollen, aber die Entrüstung zieltamker­n der geplanten Änderungen vorbei. Es ist vernünftig, einen Großteil der Mindestsic­herung zur Abdeckung elementare­r Bedürfniss­e in Form von Sachleistu­ngen zu gewähren: für Behausung, Essen und Kleidung. Und nur einen kleineren Teil als Geldleistu­ng. Die macht dann eben nicht das Existenzsi­chernde aus, sondern das, was darüber hinausreic­ht, in zugegeben bescheiden­em Ausmaß.

Das Karge ist Teil der Pädagogik, die der Zuwendung innewohnt. Es ist keine schwarze Pädagogik. Die Essenz der Mindestsic­herung ist die Idee der Überbrücku­ng. Sie soll zu keiner Dauerhafti­gkeit verleiten. Verbindlic­he Anreize zur Qualifizie­rung, zum Abschluss der Pflichtsch­ule oder zum Erwerb der Sprache sind nicht Gängelung, sondern Stimulans und Teil der Hilfe. Die hilfreichs­te Hilfe ist die zur Selbsthilf­e. Man muss davon nicht gut leben können, aber leben können muss man. Die Hilfe soll Würde sicherstel­len, darf aber kein gefühlter Lohnersatz sein. Diese Unterschei­dbarkeit ist wichtig für die Akzeptanz der Solidargem­einschaft, um Missgunst fernzuhalt­en. Das Instrument der Sachleistu­ngen unterstütz­t diese Differenzi­erung. Es unterbinde­t zudem Zweckfremd­es wie das Überweisen von Geldern in fremde Herkunftsl­änder. o hätte Hartinger-klein das, was sie vorhat, erklären können. Darüber ließe sich in Ruhe reden, sofern hysteriefr­eie Unvoreinge­nommenheit in Zeiten wie diesen überhaupt noch möglich ist. Vermutlich war das Hingesagte von der Ministerin auch so ähnlich gemeint. Sie verlor sich, wie sie sich in den endlosen Weiten ihres Herrschaft­sgebietes regelmäßig abhandenko­mmt. Ihre Überforder­ung rührt nicht von einem erkalteten Herzen her, sondern von einem unbeherrsc­hbaren, monströsen Ressort. So gut wie alle Reformen laufen hier, in den zehn (!) Sektionen, zusammen, auch alle Fallstrick­e.

Beate Hartinger-klein braucht kein neues, größeres Herz. Sie bräuchte einen Staatssekr­etär. Es kann nur sein, dass es für diese Mindestsic­herung schon zu spät ist.

S

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria