Als noch Pferde Tramways zogen
Mit der Pferdebahn startete 1878 der öffentliche Verkehr in Graz. Vomtramway-start, „weißen Sklaven“und anderen Problemen.
Ausbau des öffentlichen Verkehrs“, das ist kein Slogan, den die Gegenwart gepachtet hat. Wir blicken zurück auf den Frühling 1878, ein Jahr, in dem sich das Stadtbild von Graz dramatisch veränderte. Es war der Generaldirektor der Prager Tramway, Bernhard Kollmann (1834–1885), der nach jahrelangem Ringen die Konzession für die Grazer Pferdebahn erhielt. Und er ging die Herausforderung auch durchaus sportlich an. Am 8. Mai begannen die Bauarbeiten – bereits am 9. Juniwurde die erste Linie vomsüdbahnhof (heute Hauptbahnhof) bis zum Jakominiplatz eröffnet.
In dieser beachtlich kurzen Bauzeit wurden die Gleise in der Annenstraße innerhalb von nur zwei Tagen verlegt. Am 14. Mai bemerkte das katholische Volksblatt bereits kritisch: „Ob die Arbeiten wirklich so dringend sind, daß gestern Sonntag vollauf gearbeitet werden mußte, ist nicht recht einleuchtend.“
Zu ersten Probefahrten der „hübsch adjustierten Pferdebahnwagen“kames am6. und 7. Juni, eine Kommission prüfte die Bahn mit einer Geschwindigkeit von dokumentierten acht Kilometern pro Stunde.
Dennoch verlief nicht alles reibungslos. Bereits am ersten Tag des öffentlichen Betriebs kam es zu Entgleisungen der Bahn, und bezeichnend war auch das Mitgefühl mit den Pferden. Das Grazer Volksblatt vom 9. Juni 1878 schrieb, dass die Bahn wenig Beifall erhielt, „weil sich mannigfache Hindernisse ergaben, deren Überwindung nur auf Kosten der übermächtig in Anspruch genommenen Kräfte der vorgespannten Pferde gelang, so daß der Ruf nach Vermittlung des Thierschutzvereines laut wird“.
Mindestens ebenso dramatisch dürfte die Situation der Conducteure gewesen sein, die man „Weiße Sklaven“nannte. Diese Mitarbeiter der Pferdebahnen mussten sechs Tage die Woche von 5.30 bis 22 Uhr arbeiten, hatten tagsüber höchstens 10 bis 15 Minuten Pause. Pro Woche hatten sie zwar einen Tag frei – erhielten dafür aber keine Bezahlung. Die „Grazer Tagespost“rief deshalb sogar dazu auf, für dieconducteure zu spenden. Robert Preis
Anfangs hatten die Grazer durchaus auch ihre liebe Not mit der neuen Bahn, die nach amerikanischem Vorbild in die Stadt kam (daher auch die englische Bezeichnung tramway). Manche Leute riefen von der Straße aus dem „Conducteur“zu, er möge stehen bleiben, weil sie einsteigen wollten, andere verstanden das Tarifsystem mit den unterschiedlichen Streckenkarten nicht. Es kamzuunfällen und zu übervollen Waggons, etwa als im September das Erzherzog-johann-denkmal auf dem Hauptplatz enthüllt wurde. In den folgenden Tagen erfolgte die Verordnung, dass die Conducteure nie mehr als 20 Personen mitfahren lassen durften, 30, wenn ein zweites Pferd vorgespannt wurde.
Bereits vom ersten Tag an wurde auch an der Fortsetzung der rund zwei Kilometer langen Strecke gearbeitet. So wurde bereits am 31. August der Betrieb vom Südbahnhof bis zur Elisabethstraße gefeiert.
1899, im letzten Jahr der Grazer Pferdebahn – ihr Schöpfer Bernhard Kollmann war längst verstorben – verfügte der Fuhr-