Der „G“-faktor ist der neue Trumpf
Geraint Thomas (32) überließ beim Zeitfahren den Etappensieg seinem Ex-chef Froome. Heute trägt er das Gelbe Trikot nach Paris.
Chris Froome (GBR) +2:24, 4. Primoz Roglic (SLO) +3:22, 5. Steven Kruijswijk (NED) Lotto +6:08, 6. Romain Bardet (FRA) AG2R +6:57, 7. Mikel Landa (ESP) Movistar +7:37, 8. Daniel Martin (IRL) UAE +9:05, 9. Ilnur Sakarin (RUS) Katjuscha +12:37, 10. Nairo Quintana (COL) Movistar +14:18 . . . 74. Mühlberger +2:41:55, 113. Gogl +3:31:39, 132 Pöstlberger +3:52:35.
Heute:
21. Etappe: Houilles – Paris ChampsÉlysées (116 km)
Man kann jetzt nicht behaupten, die Tour de France 2018 sei langweilig gewesen. Aber es fehlte mitunter das Fesselnde, das Euphorische, das Hinreißende. Wie eh und je säumten Millionen die 3351 km lange Route kreuz und quer durch Frankreich. Aber dass nur wenig Spannung aufkam, liegt wohl an der schon maßlosen Überlegenheit der Sky-mannschaft.
Knapp vor der Tour ging es nur darum, ob Chris Froome, der vierfache Sieger, starten darf, soll oder wird. Raus aus der Tour, rein in die Tour. Doping-verdacht hin, Manipulationsabsichten her. Die Kritiken verstummten nicht. Und auf der Großen Schleife wurden dem Briten alle Gemeinheiten an denkopf geworfen, die Fans der Anti-froome-fraktion sich so ausgedacht haben.
Also nahm Sky den Briten wohl etwas aus der Schusslinie. Und setzte Geraint „G“Thomas als Sieganwärter ein. Man habe ja genug. Das soll jetzt nicht die Leistung des Walisers schmälern. Er fuhr eine grandiose Rundfahrt, rüttelte auf jedem Meter an der Autorität seines Chefs. Immer fokussiert, von Tag zu Tag, wie er es hundertfach in die Aufnahmegeräte der Journalisten diktierte. Eine Grundeinstellung, die er von seiner Zeit als Bahnfahrer kannte, als er sich alle vier Jahre auf das eine olympische Rennen (Mannschaftsverfolgung) zu konzentrieren hatte. In dieser Disziplin gewann er auch zwei Mal Gold (2008 mit Bradley Wiggins, 2012). 2005 bildete er mit Mark Cavendish die britische Meister-mannschaft auf der Bahn, später kam er in das T-mobile-entwicklungsprogramm. 2007 fuhr er im Continental-team Barloworld seine erste Tour de France, mit 21 war er damals der jüngste Teilnehmer und wurde 140.
Thomas war viele Jahre deredelhelfer von Chris Froome. Stürze und Aufgaben verhinderten Größeres, ehe er heuer die Dauphine-rundfahrt gewann. Spätestens da wusste die Szene, dass er es mit Froome aufnehmen könnte, und auf der elften Etappe übernahm er tatsächlich das Gelbe Trikot. Das Husarenstück, das aus ihm einen verdienten Toursieger machte, war der Etappenerfolg bei der Bergankunft in L’alpe d’huez – überhaupt als erster Träger des Gelben. Das Führungstrikot ließ sichthomas auch beim Zeitfahren nicht entreißen. Da fuhr er fast zurückhaltend. Umderverschwörungstheorie noch ein Kapitel hinzuzufügen: Er wollte vielleicht den Etappensieg seinem Ex-chef überlassen. Aber: Tom Dumoulin war schneller.