Gute-nacht-musik in der Zirkusarena
Hereinspaziert, hereinspaziert in die „Zirkuszauberflöte!“: Lydia Steier inszeniert Mozarts Singspiel in einer glitzernden Traumwelt. Nicht nur Glanz herrscht unter Constantinos Carydis auf der Bühne und im Graben.
fliegen Keulen, schweben Körper, hampeln Clowns, staksen Stelzengeher, grimassieren Riesenmasken, tanzen Bären ...
Und in diese Arena setzt Steier die Geschichte rund um den jungen Prinzen Tamino, der sich auf die Suche nach der entführten Königstochter Pamina macht. Ihre Sicht auf Mozarts hybrides Werk ist durchdacht und lebendig, aber zunächst etwas harmlos. Erst im zweiten Akt folgt mehr Tiefgang: Arbeiteraufstand, der Mensch im Laufrad der Maschinenwelt, der heranstampfende Moloch Krieg. Etwas zu viel gewollt vielleicht, aber große Lebensprüfungen gab es schon immer, nicht nur fürtamino: „Der, wel- cherwandert diese Straßen voll Beschwerden ...“
In dieser kaleidoskopischen Deutung von Zauberpossen, Aufklärungsgedanken, Freimaureridealen und Lovestory machen die wandelbaren, oft fast filmstillartigen Bühnenbilder von Katharina Schlipf im Großen Festspielhaus Staunen, und auf den von Ursula Kudrna fantasiereich gestalteten Kostümen funkeln Tausende von Swarovski-kristallen.
Glanz auch unter den Solisten und im Graben, wenn auch nicht durchgehender: Nicht so souverän wie gewohntmatthias Goerne als Sarastro/zirkusdirektor; ihm liegt die Partie ein- fach zu tief. Albina Shagimuratova ist wie schon 2008 eine stratosphärische Königin der Nacht, allerdings diesmal mit Widderhörnern als Krone. Fein besetzt auch die Papagena mit Maria Nazarova und Papageno mit Adam Plachetka, der aber noch spielfreudiger sein könnte. Mauro Peter taut als Tamino/gardeoffizier erst langsam auf. Christiane Karg hingegen ist mit ihrem hellen Sopran eine quicklebendige Pamina/harlekina. Umgeben von einem sehr guten Ensemble, kann das Paar nach einigen Reifeprüfungen und labyrinthischen Widerständen mit allen den Sieg der Liebe feiern, der auch an der hereingeschobenen Armada an
Kinderwägen für die kleinen Papapapapapagenos und Papapapapapagenas abzulesen ist.
Constantinos Carydis dirigierte erstmals eine FestspielOper: mit weit ausholenden Gesten frisch, feurig und scharf akzentuierend, aber auch sinnlich. Die gut aufgelegten Wiener Philharmoniker, durch das zuweilen Temporauschige des 44-jährigen Griechen (schon in der Ouvertüre) da und dort an ihre Grenzen gebracht, sowie der präsente Wiener Staatsopernchor trugen das Ihre zu einer farbreichen Interpretation bei. Riesenapplaus bei der Premiere für diese schillernde „Zirkuszauberflöte“, dazwischen ein paar Buhs für die Regie.