Extreme Musik, extrem erfolgreich
Teodorcurrentzis (46) ist der Dirigent, der es anders macht. Zum Glück.
Klassikwelt lebt auch von ihren Hypes. Jahr für Jahr treten Musiker in Erscheinung, die von den Marketingmaschinen zu Genies stilisiert werden, die das Besondere, nie Dagewesene verkörpern sollen. So weit, so durchschaubar. Bei dem griechisch-russischen Dirigententeodorcurrentzis ist das nicht viel anders, aber hinter dem ganzen Pr-geprahle, den Superlativen im Feuilleton und dem öffentlichkeitswirksamen Gehabe des Künstlers, der sein Image offenbar penibel pflegt, steckt noch mehr: ein Kämpfer für die Einzigartigkeit der Kunst.
Currentzis Karriere ist nicht den üblichenwegengefolgt. Imtiefensibirien wuchs er zum spannendsten Dirigenten seiner Generation heran. Ab 2004 in Nowosibirsk, seit 2010 in Perm, an der europäischen Peripherie, arbeitete er akribisch an seinen Interpretationen. Sein bis in die kleinsten Nuancen ausgefeiltermozart-zyklus ist auch auf CD verewigt (die „Così fan tutte“zählt zu den besten Aufnahmen der Oper überhaupt). Inwien hat er atemberaubendezyklenimkonzerthaus dirigiert, kurz war er Favorit für die Nachfolge Roland Geyers als Intendant im Theater an derwien. Jetzt wird er aber doch Chef des Swr-orchesters Stuttgart.
Vorjahr dirigierte er in Salzburg Mozarts „La clemenza di Tito“: delikat, intensiv, farbenreich und packend in der Präzision. Derzeit führt er mit seinem Permer Orchester Beethovens Symphonien auf. Man sagt, dass Currentzis die Extreme liebt, bemängelt seine Manierismen. Doch nicht seine Interpretationen sind extrem, vielmehr offenbart er, dassmozart, Beethoven, Tschaikowsky extrem sind, wenn man sie nur ernst nimmt.