Putin kommt
Von Franzobel
Zungen behaupten ja, das Wort vor dem Traualtar sei die einzig klare Aussage, die man von Politikern jemals zu hören bekommt. Die Vermählung von Österreichs medial attraktivster Braut hat für Wirbel gesorgt. Nicht die Wahl des Hochzeitskleides oder der Frisur – wobei die Versuchung, sie alshübscheste Jasagerin des Landes zu erkennen, eher gering ist, allerdings kommtwahre Schönheit ja von innen, unsere Braut aber ist von Amtswegen für Äußeres zuständig – nein, es waren die Hochzeitsgäste, die das Land in Aufregung versetzten und manche Politberater an den Rand eines Herzinfarkts brachten. Dass der russische Präsident wegen des Schilchers und der Kürbiskernöl getränkten Käferbohnen gekommen ist, darf ausgeschlossen werden. Für die einen war es ein harmloser Arbeitsbesuch, andere sahen unser Land schon als Anhängsel der Visegrád-staaten. Jedenfalls hat Wladimir Putin nicht nur mit Österreichs Politspitzen an Backhendlhaxen genagt, sondern nach dem Auftritt der Donkosaken auch den unschuldigenwunsch nach dem Spiel einer steirischen Fußballmannschaft geäußert.
bitte? Ausgerechnet jetzt, da Sturm larnakanisiertworden ist, beginnt Putin, sich für den Steirerkick zu interessieren? Hohn oder Ironie? Sofort wurden im Innenministerium alle Hebel in Bewegung gesetzt. Wenn sich das herumspricht, werden die noch marschierenden, sich gerade bei Bruck an der Leitha befindlichen Fans von Slovan Bratislava umkehren, um die steirischen Lokalbahnen zu devastieren. Und welche Partie? Regionalliga? Nach längeremhin undher hat man eine Vorverlegung der UnterligaBegegnung USV KainbachHönigtal gegen den SC Unterpremstätten beschlossen. Das verspricht Brutalität! Vielleicht kommen Oligarchen, oder will Gazprom sponsern?
Ganz Kainbach wurde dekoriert, derwirt beauftragt, einen Löschteich voll Borschtsch zu fabrizieren, Tankladungenwodkawurden bestellt, russische Eier. Russkaja und Dennis Russell Davies sollten auftreten, für die eigens errichtete Vip-tribüne ergingen Einladungen an Karl Schranz, Stani Tschertschessow und Alfred Gusenbauer. Schulklassen, Zivildiener und Soldaten wurden mit Freikarten versehen, Vera Russwurm sollte als Stadionsprecherin fungieren, Kurt Russ und Anna Netrebko als Pausenclowns. Dazu Tausende Sicherheitskräfte. Als im Rekordtempo alles organisiert und Putin vorgeschlagen ward, sagte dieser, schade, dass er weiter zu Fraumerkel müsse. Vielleicht nächstes Mal. Da war den Sicherheitsbeamtenzumute, alswären sie direkt in Wladimir Klitschkos Faust hineingerannt. Gut, dass wenigstens dieaußenministerin unter der Haube ist, denn der nächstewinter kommtbestimmt – aber Kainbach gegen Unterpremstätten findet wie geplant am Dienstag statt. Franzobel, 1967 in Vöcklabruck geboren, ist Schriftsteller und Sportfan.