Haben Religionen zu viel Freiheit für eigene Regeln?
Im Leserforum wird diskutiert, ob der Zölibat in ursächlichem Zusammenhang mit Missbrauch steht.
„Franziskus in Bedrängnis“, 14. 9. ie unfassbar sind diese immer wiederkehrenden Nachrichten über den Missbrauch in Tausenden Fällen? Wir verschließen aber selbst heute im Humanismus und in der Demokratie immer noch die Augen vor den Tiefen der Religionen und gewähren ihnen nach wie vor viel mehr an Freiheit, sich selbst ihre Regeln und Werte zu machen und zu überwachen, als es dermenschheit guttut.
Für die Missbrauchsfälle ist zunächst der Zölibat abzuschaffen, damit die verbotene Sexualität, die ja ein menschliches Grundbedürfnis darstellt, in natürlicher und gesunder Weise ausgelebt werden kann. Keine Religionsfreiheit und kein Kirchenrecht darf weiters die Auslieferung und Bestrafung von gewalttätigen Kirchenmännern verhindern. Und neben den ewigen Entschuldigungen, die nur noch wie Floskeln klingen, ist endlich fürtherapie und Abfindung etwas vom Reichtum der Kirche auszugeben.
DI (FH) Alfred Jauk, Graz
WZölibat als Ausrede
Man mag dem Zölibat kritisch gegenüberstehen, aber ein ursächlicher Zusammenhang von sexuellem Missbrauch und dem Zölibat entbehrt jeglicher wissenschaftlicher Grundlage. Der Anteil der sexuellen Straftäter unter zölibatär lebenden Männern entspricht in etwa dem unter nicht zölibatär lebenden Männern. Keinesfalls erzeugt der Zölibat Pädophilie. Die sexuelle „Prägung“erfolgt früher, nicht erst, wenn die Entscheidung für den Zölibat getroffen wird. Die meisten Missbrauchstäter sind nicht primär pädosexuell. Die Verantwortung für sexuelle Missbrauchshandlungen ist alleine bei den Tätern zu suchen. Der Hinweis auf das Zölibatsgebot gehört zu den Entschuldigungsstrategien der Täter.
Der Kampf gegen Missbrauch muss sich gegen problematische strukturelle Bedingungen innerhalb von Organisationen richten. Die Sensibilität gegenüber dem Thema Missbrauch trägt zudem dazu bei, dass es Missbrauchstätern erschwert wird, in einer Institution Missbrauch an Minderjährigen zu begehen.
Mag. Melanie Bartoloth, Beauftragte für Prävention gegen Missbrauch und Gewalt
in der katholischen Kirche
Allgemeinmedizin
LB „Die Neidgesellschaft stirbt nicht aus“, 12. 9., „Kurioser Streit um Allgemeinmedizin-uni“, 8. 9.
Die Meduni Graz hat 2015 Frau Prof. Dr. Andrea Siebenhofer-kroitzsch zur Leiterin des Instituts für Allgemeinmedizin bestellt. Unter ihrer Leitung werdenwissen und Kenntnisse über die hausärztliche Praxis von 36 praktisch tätigen Ärzten für Allgemeinmedizin im Lehrbeirat eingebracht und 210 akademische Lehrpraxen betreut und koordiniert.
Die Steirische Akademie für Allgemeinmedizin war in die Ausschreibung und Berufung für die Leitung des Instituts eingebunden, welches sie personell und finanziell unterstützt. Als zentrale Aufgaben wurden forcierte Aus- und Weiterbildung von Allgemeinmedizi- nern, Forschung für und mit Allgemeinmedizinern und Versorgungsforschung mit besonderem Blick auf evidenzbasiertemedizin genannt. Dies erfolgte angesichts des bereits absehbaren Mangels an Hausärztinnen und Hausärzten und drohender Schwierigkeiten bei der Nachbesetzung von allgemeinärztlichen Kassenstellen in der Steiermark.
Die Steirische Akademie für Allgemeinmedizin (STAFAM) sieht in der universitären Forschung und Lehre wesentliche Säulen für eine qualitätsvolle allgemeinmedizinische Versorgung unserer Bevölkerung und die Arbeit des Institutes unter Leitung von Frau Prof. Andrea Siebenhofer-kroitzsch als erfolgreichen Beitrag dazu.