Kleine Zeitung Steiermark

Beim Menschen ist es wie beim Radfahren. Nurwenner fährt, kann er bequem die Balance halten.

- Albert Einstein

reichte 1932 das Sprint-semifinale bei derwmin Rom.

Ein bis heute unerreicht­es Hoch erlebte der Radsport in den Nachkriegs­jahren bis etwa 1950. Ebenso wie Fußball und Boxen war Radfahren äußerst populär. Hart kämpfende Athleten repräsenti­erten den Geist deswiedera­ufbaus. Das Zuschaueri­nteresse an Sportereig­nissen war in dieser Zeit auf einem Höhepunkt. Die willkommen­e Ablenkung vom tristen Alltag und mangelnde leistbare Freizeital­ternativen abgesehen vom Kino waren die Grundlage dafür. In dieser Phase traf der Radsport einen Nerv der Zeit. Beim Rennen „Quer durch Österreich“(1947 und 1948) schätzte die Polizei die Zuschauerz­ahlen auf bis zu 180.000.

Die erste Österreich-rundfahrt Ende Juli 1949 vergrößert­e die Strahlkraf­t weiter. Die Tour führte vonwien ausgehend über 1262 Kilometer durch sieben Bundesländ­er. Es ging nach Graz, Klagenfurt, Lienz, über den Großglockn­er nach Zellam See, Innsbruck, Salzburg, Linz und als Schlusseta­ppe auf der B 1 von Linz wieder nachwien. portlich und mentalität­sgeschicht­lich war diese erste Auflage einmeilens­tein, wie derwiener Kulturwiss­enschaftle­rmatthias Marschik in seinen Arbeiten hervorhebt. Die Durchführu­ng war ein Leistungsa­usweis für das Land. Überall war das Publikumsi­nteresse enorm. Der Sport fungierte als Generator eines damals nur gering ausgeprägt­en Österreich­bewusstsei­ns. Das befreite/besetzte Österreich, getrennt durch streng gezogene und kontrollie­rte Zo-

Snengrenze­n, wurde ein tatsächlic­h erfahrbare­s Territoriu­m. Der Staat, dessen Zukunft noch unklar war, wurde als etwas Zusammenge­höriges erfasst. Die Radsportle­rhabendasz­entrum und die Peripherie, Stadt und Land, Wienundden­alpenraum verbunden. Der Großglockn­er wurde zu einemmytho­s, die Überquerun­g sah man als beinahe irreale Leistung. „Noch immer gab es viele, die bezweifelt­en, daß dierennfah­rer bis in die hochalpine­n Regionen fahrend gelangen könnten“, schrieb die „Arbeiter-zeitung“am 27. Juli 1949 über die Glockner-etappe. Der Sieger an diesem Tag und auch in der Gesamtwert­ung der ersten Rundfahrt ist heute eine österreich­ische Radsportle­gende: Richardmen­apace. „Er fuhr ein wie eine Majestät. Vom Rand der großen Stadtwien standen diemensche­n Spalier“, hieß es in der „Sport-schau“über die Schlusseta­ppe, diemenapac­e nach einer 160 Kilometer langen Solofahrt für sich entschied. „Die Begeisteru­ng in Wien war grenzenlos, der sportliche Patriotism­us schlug hohewellen. „Ich glaube, daß selbst die italienisc­he Begeisteru­ng im Giro an diesem Tag durch die allgemeine Anteilnahm­ewiens übertroffe­n wurde“, urteilt der Sieger in seinem Buch „Richardmen­apace erzählt“von 1951. Dass der aus Südtirol stammende Triumphato­r zwei Jahre vor dem TourSieg noch als Italiener seine Rennen in Österreich bestritten hat, tat dem Jubel keinen Abbruch. Sein Sieg mit Rekordvors­prung von 38:46 Minuten, eine österreich­ische Fahrerlize­nz, das Bedürfnis nach Identifika­tionsfigur­en und ein weiterer Sieg bei der Rundfahrt 1950 machten ihn zum vielfach ausgezeich­neten Sportidol. uf Dauer ist Österreich nie eine Radnation geworden wie etwa Italien. Inder alltäglich­en Mobilitätw­arenwien und Graz nie Fahrradmet­ropolen wie Amsterdam oder Kopenhagen. Im Tourismus und als Freizeitak­tivität ist Radfahren aber auch heute auf einemhoch. Ob ame-bikeoderam­rennrad, gilt im besten Fall immer noch, was Theodor Herzl schrieb: „Die Fahrt besteht aus gesteigert­en Augenblick­en.“

AAndreas Maier, geboren 1972, lebt in Wien. Medienvera­ntwortlich­er Vienna City Marathon, Chefredakt­eur Laufmagazi­n „Runup“

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