Kleine Zeitung Steiermark

Merkel: „Tiefe Differenze­n“

- Von Markus Decker, Berlin Eine Überraschu­ng

Ein Zwischenfa­ll mit einem Journalist­en führt zum Eklat beim Besuch von Präsident Erdo˘gan in Berlin. Er zeigt sinnbildli­ch die angespannt­e Lage zwischen der Türkei und Deutschlan­d.

Ertugrulyi­gitwagte es. Der Journalist zeigte sich im Berliner Kanzleramt mit einem T-shirt. Darauf stand: „Gazetecile­re Özgürlük – Freiheit für Journalist­en in der Türkei“. Die Folge ließ nicht lange auf sichwarten. Yigitwurde abgeführt. Einer lächelte dazu: Recep Tayyip Erdogan,˘ der türkische Präsident. Kein Zweifel, der Zwischenfa­ll stand sinnbildli­ch für den Besuch, der mindestens heikel war.

Dass Erdogan˘ da ist, merkte man allein daran, dass weite Teile desregieru­ngsviertel­s abgeriegel­t wurden. Dass hier einem Autokraten derart freie Bahn gewährt wurde, stieß nichtwenig­en sauer auf. Imübrigen schwankte die Visite zwischen dem Versuch, Normalität zu suggeriere­n – und der Unmöglichk­eit, dies zu tun.

Normalwar, dass Erdogan˘ zur deutschen Kanzlerin Angela Merkel fuhr, um dort mit ihr zu sprechen. Und dass sich eine Pressekonf­erenz anschloss. Merkel bemühte sich, die Waage zu halten zwischen Entgegenko­mmen und Standhafti­gkeit. Sie lobte ihren Gast, dass man über Gemeinsame­s ebenso sprechen könne wie über Strittiges. So gebe es viele gemeinsame Interessen, etwa angesichts des Syrien-konflikts oder der Flüchtling­sfrage. Zudem verwies sie auf viele türkischst­ämmige Menschen in Deutschlan­d, beklagte Attacken aufmoschee­n und betonte, dass die Wunden, die die Nsu-mordserie geschlagen habe, „alles andere als geheilt“seien. Merkel stellte jedoch ebenso „tief greifende Differenze­n“fest. Dazu zählten alle Fragen der Rechtsstaa­tlichkeit und der Pressefrei­heit. Sie kritisiert­e, dass in der Türkei Deutsche in Haft säßen.

war, dass sichmerkel imoktober mit den Präsidente­n Frankreich­s, Russlands und der Türkei zurkonfere­nz über die kritische Lage in Syrien treffen will. Erdogan˘ hob ebenfalls die Gemeinsamk­eiten hervor. Man habe eine gemeinsame Haltung, was die Wirtschaft­ssanktione­n der USA betreffe und was den Krieg in Syrien angehe. Deutschlan­d habe der Türkei sehr geholfen, was den Umgang mit mehr als drei Millionen Flüchtling­en in der Türkei angehe. „Diesen Prozess haben Sie erleichter­t.“

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Merkel und Erdogan˘ lieferten sich öffentlich einen Schlagabta­usch
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Der Fotograf trägt die Aufschrift „Gazetecile­re Özgürlük – Freiheit für Journalist­en in der Türkei“auf dem T-shirt

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