Merkel: „Tiefe Differenzen“
Ein Zwischenfall mit einem Journalisten führt zum Eklat beim Besuch von Präsident Erdo˘gan in Berlin. Er zeigt sinnbildlich die angespannte Lage zwischen der Türkei und Deutschland.
Ertugrulyigitwagte es. Der Journalist zeigte sich im Berliner Kanzleramt mit einem T-shirt. Darauf stand: „Gazetecilere Özgürlük – Freiheit für Journalisten in der Türkei“. Die Folge ließ nicht lange auf sichwarten. Yigitwurde abgeführt. Einer lächelte dazu: Recep Tayyip Erdogan,˘ der türkische Präsident. Kein Zweifel, der Zwischenfall stand sinnbildlich für den Besuch, der mindestens heikel war.
Dass Erdogan˘ da ist, merkte man allein daran, dass weite Teile desregierungsviertels abgeriegelt wurden. Dass hier einem Autokraten derart freie Bahn gewährt wurde, stieß nichtwenigen sauer auf. Imübrigen schwankte die Visite zwischen dem Versuch, Normalität zu suggerieren – und der Unmöglichkeit, dies zu tun.
Normalwar, dass Erdogan˘ zur deutschen Kanzlerin Angela Merkel fuhr, um dort mit ihr zu sprechen. Und dass sich eine Pressekonferenz anschloss. Merkel bemühte sich, die Waage zu halten zwischen Entgegenkommen und Standhaftigkeit. Sie lobte ihren Gast, dass man über Gemeinsames ebenso sprechen könne wie über Strittiges. So gebe es viele gemeinsame Interessen, etwa angesichts des Syrien-konflikts oder der Flüchtlingsfrage. Zudem verwies sie auf viele türkischstämmige Menschen in Deutschland, beklagte Attacken aufmoscheen und betonte, dass die Wunden, die die Nsu-mordserie geschlagen habe, „alles andere als geheilt“seien. Merkel stellte jedoch ebenso „tief greifende Differenzen“fest. Dazu zählten alle Fragen der Rechtsstaatlichkeit und der Pressefreiheit. Sie kritisierte, dass in der Türkei Deutsche in Haft säßen.
war, dass sichmerkel imoktober mit den Präsidenten Frankreichs, Russlands und der Türkei zurkonferenz über die kritische Lage in Syrien treffen will. Erdogan˘ hob ebenfalls die Gemeinsamkeiten hervor. Man habe eine gemeinsame Haltung, was die Wirtschaftssanktionen der USA betreffe und was den Krieg in Syrien angehe. Deutschland habe der Türkei sehr geholfen, was den Umgang mit mehr als drei Millionen Flüchtlingen in der Türkei angehe. „Diesen Prozess haben Sie erleichtert.“