Die Vorstadt inmitten der Stadt
Die wenigsten kennen das Kälberne Viertel. Ein Grund mehr für einen Besuch. Noch dazu, wo es gleich hinter dem Franziskanerplatz liegt.
Den Franziskanerplatz hatten wir schon. In den letzten Spätsommertagen gehen wir ein paar Schritte weiter zur Erkundung eines angrenzenden Terrains. Dort, wo die Neutorgasse ihre Breite verliert, sie sich links und rechts von eher schlicht gehaltenen und respektvoll nieder gebauten alten Bürgerhäuschen, teils noch mit alten Arkaden, umschmeicheln lässt. Hier verliert man sich eher in die Langsamkeit. Die Gegend rund um diese untere Neutorgasse und den Marburger Kai trug einst ganz offiziell die Bezeichnung Kälbernes Viertel, ein Name, der vielfach nur noch der älteren Generation ein Begriff ist. Lassen wir unseren Stadthistoriker Karl A. Kubinzky, der meinte, dieses Viertel müsse unbedingt mit Paula ergangen werden, zu Wort kommen: „Hier waren die Fleischhauer zu Hause. Bei der kleinen Korbgasse befand sich einst die Schlachterbrücke, die später durch den modernen Schlachthof im Bezirk Gries ersetztwurde.“Vegetarier mögen die nachfolgende Erläuterung verzeihen. Durch die über die Mur reichende Schlachterbrücke floß das Blut der getöteten Tiere ab, man entsorgte auch gleich Abfälle in den Fluss. „Bis in die 30erJahre hinein hatten hier die Fleischhauer noch ihre Marktstände“, berichtet Kubinzky, der auch von Bestrebungen um 1950 weiß, den Namen „Kälbernes Viertel“wieder offi- ziell in Verwendung zu bringen: „Aber die Stadt lehnte das schließlich ab. Man hatte Angst, sich damit zu blamieren.“Wie ein Juwel ragt die Franziskanerkirche empor, deren Turm im 17. Jahrhundert als Stadtturm an der Festungsmauer errichtet wurde. Die Kirche selbst wurde 1945 von Bomben getroffen, welche die Apsis schwer beschädigten. Ein Teil dieses Kälbernen Viertels fiel 1966 der Spitzhacke zum Opfer, als man dieunterführung vom Andreas-hofer-platz ausgehend baute. omit wir bei diesem Platz angelangt sind, einem typischen Grazer Platz – er ist hässlich. Eine Verkehrsdrehscheibe und ein Busbahnhof. Insbesondere lie-
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