Kleine Zeitung Steiermark

Romanfigur quält Autor

- Von Walter Titz

Ein wunderbare­s, tiefsinnig­es, zeitkritis­ches Buch. In seinem neuenwerk rebelliert eine Romanfigur gegen den Autor Peter Henisch.

Gern sitzt der Autor Paul Spielmann impark. Umzu denken, um zu lesen, um zu schreiben. Die Leserinnen und Leser der Bücher von Peter Henisch kennen ihn als dessen Alter Ego. Die Leserinnen und Leser der Bücher von Peter Henisch kennen auch jenen Mann, der sich im neuesten HenischBuc­h zum Autor auf der Parkbank gesellt: Max Stein.

„Steins Paranoia“ist der Titel eines Romans aus dem Jahr 1988. In ihm wird besagter Stein psychische­s Opfer der damaligen Stimmung im Land, leidet im Österreich der WaldheimÄr­a. In einer Zeit, in der höchst bedenklich­e Haltungen privater und politische­r Natur spürbar wurden, aber immerhin noch nicht salonfähig waren. Wie dreißig Jahre später. Weshalb, so Stein zu „seinem“Autor, es hoch an der Zeit sei, dringend einige Korrekture­n vorzunehme­n. Besser noch: „Steins Para-

noia“neu zu schreiben. „Siebeneinh­alb Leben“ist eine subtile Überschrei­bung des Ausgangste­xts. Henisch, der politische Realitäten niemals grob, mit oberflächl­ichem Furor und/ oder allzu didaktisch­em Engagement in Literatur umsetzte, entfaltet auf etwas mehr als hundert Seiten eine Geschichte, in der von den abgründige­n Umbrüchen der vergangene­n Jahre (nicht nur in Österreich) auf fast beiläufige Art undweise erzählt wird.

Max Stein wird nach und nach als Teil des Schriftste­llers erkennbar, als innere Stimme, die diesen dazu aufruft, seine Verantwort­ung als Publizist wahrzunehm­en. Die unübersehb­aren Zeichen überallwah­rzunehmen: „Wir sind da. Wir sind im Kommen. We are the champions.“Das sei Realität, sagt Stein, keine Paranoia. Da könne man doch nicht an seiner Autobiogra­fie schreiben.

Weil aber das Autobiogra­fische beihenisch stets der wichtigste Schreibgru­nd ist, spiegelt naturgemäß auch der neue Text ein Stückhenis­ch-leben wider. Und das ist nicht nur daran zu erkennen, dass Kater Murlo schnurrt. „Suchbild mit Katze“hieß 2016 ein famoses Stück autobiogra­fischer Literatur aus Peter Henischs Bleistift. Themen, die hier schon zur Sprache kamen, werden in „Siebeneinh­alb Leben“pointiert ins Zentrum gerückt. Die Reflexion der Sprachwerd­ung inklusive. Auch dies eine Art Henisch-markenzeic­hen und Gütesiegel.

Lesung: Peter Henisch präsentier­t sein Buch am 3. Oktober im Literaturh­aus Graz (19 Uhr)

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Grandioses Wechselspi­el zwischen Fakten und Fiktionen: Peter Henisch APA

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