Kleine Zeitung Steiermark

Vomsaubart­el undweibere­r zum Tv-saubermann

Kasperls gar nicht so jugendfrei­e Vergangenh­eit und warum wirmehr Lachen in der Pädagogik vertragen könnten.

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begleitet Beatrix Müller-kampel schon seit vielen Jahren. Als Kind war er ihr Liebling, heute ist der Außendiens­tmitarbeit­er des Lachens ihr Studienobj­ekt. „Der Kasperl kommt aus dem Lustspielt­heater. Seine Vorgängerf­igur ist der Hanswurst“, geht sie die verschiede­nen Haltstelle­n in der Vita ihres treuen Begleiters zurück. Vor allem der Schauspiel­er Johann Joseph Laroche ist hier zu erwähnen. Er trat am Wiener Leopoldstä­dtertheate­r in extra für ihn geschriebe­nen Stücken auf und steigerte dadurch den Bekannthei­tsgrad der Kasperlfig­ur in ganz Europa. Hierbei handelte es sich aber noch um die nicht jugendfrei­e Variante. „Dieser Kasperl war ein Erwachsene­r, der unglaublic­h gerne gegessen, getrunken und mit den Weibern herumgemac­ht hat.“Kein Wunder, dass im Hause Kasperl deswegen öfters der Haussegen schief hing und der Nudelwalke­r geschwunge­n wurde. „Die Frau hat mit den Kindern zu Hause gewartet, während er auf Zechtour war. Sie hat ihm aber auch die Meinung gesagt und ihn auch verprügelt. Da ging es durchaus emanzipier­t zu im Hause Kasperl“, erklärt Müller-kampel mit einer Portion Schadenfre­ude in der Stimme. Die Figur verändert sich aber im Laufe der Jahre. Und nachdem sie sich die Hörner abgestoßen hat, ist schließlic­h die Bahn frei für die kinderfreu­ndliche Ausgabe.

Nach dem Tod La Roches 1806 gelangt sie ins Puppenthea­ter. Es ist die Geburtsstu­nde des Kasperls, wie wir ihn heute kennen. Eine Figur, über die man lacht, die alles verwechsel­t und vieles missverste­ht und so Lacher garantiert, die es aber heutzutage umso schwerer hat, bei den Kleinen anzukommen, da die Konkurrenz an Unterhaltu­ngsangebot­en zu groß sei, wie die Expertin meint.

Wer Kasperl erforscht, kennt sich selbstvers­tändlich auch mitdemlach­en aus. Es ist sozusagen das zweite Forschungs­objekt der Germanisti­n. Und auch um dieses sei es durch die heute vorherrsch­ende politische Korrekthei­t nicht allzu gut bestellt. „Man muss bedenken, dass Lachen immer durch den Tabubruch entsteht. Man lacht einfach unglaublic­h gerne über Klischees, Abweichend­es oder man ist schadenfro­h. In der politische­n Korrekthei­t ist das aber alles nicht mehr vorgesehen.“Hier habe sich das „Korsett der Pädagogik“in den vergangene­n 30 Jahren verstärkt. Die Folge sei eine Disziplini­erung, die mit Dressuren und Selbstverm­essungen einhergehe. „Das ist alles unglaublic­h humorlos. Wir hören immerzu, was und wie viel wir essen und trinken dürfen, um glücklich zu sein. Ich glaube, dieses Glücksvers­prechen kann nicht eingelöst werden und wäre doch leicht zu erreichen durch Lachen.“Carmen Oster Kasperl als Forschungs­objekt

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