Die letzten Stunden eines Rastlosen
Heute vor zehn Jahren verstarb Jörg Haider bei einem Autounfall. Erwar stark alkoholisiert und viel zu schnell unterwegs. Wir zeichnen seinen letzten Tag nach und dokumentieren das Interview, das wir Stunden vor der Todesfahrt mit dem Landeshauptmann führten.
Totengedenken. Es gibt erfreulichere Termine, um einentag zu beginnen. Am Kärntner Landesfeiertag gehört das für einen Landeshauptmann aber dazu. 9.30 Uhr am Freitag, 10. Oktober 2008. Noch hängt ein wenig Hochnebel über Klagenfurt. Jörg Haider und seine Regierungskollegen legen, wie jedes Jahr, am Friedhof Annabichl einen Kranz nieder – am Ehrenmal der Kärntner Abwehrkämpfer.
in Klagenfurt nehmen Militär, Kindergruppen und Chöre Aufstellung. Um 11 Uhr beginnt die 10.-OktoberFeier bei der Stätte der Kärntner Einheit. Der Hochnebel hat sich verzogen, ab jetzt ist an diesem Freitag goldener Oktober angesagt: Sonne und blauer Himmel. Jörg Haider trägt Kärntner Anzug. Er wirkt etwas müde und abgekämpft. Doch sobald er am Rednerpult steht und die Mikros laufen, ist er putzmunter. Haider legt sich mit dem Nachbarland an. Slowenien würde in der Ortstafelfrage „zündeln“, das sei „ungehörig und nicht im Sinne einer gutennachbarschaft“, schimpft er in Bezug auf das Koalitionsabkommen der neuen Regierung in Laibach. Diese wolle offenbar „Zwietracht, Diskussion und Streit von außen ins Land tragen“. Auch Haiders 90 Jahre alte Mutter Dorothea ist bei der Feier dabei. Das Kärntner Heimatlied erklingt.
Geschwindigkeit, Optik. Nach diesen Kriterien werden die 21 Teilnehmer aus ganz Österreich beim Bundeswettbewerb der Jungmaurer bewertet. Heimvorteil optimal genützt: Die zwei Kärntner Teilnehmer Adrian Pecnik und Markus Lengfeldner erringen einen Doppelsieg. Haider übergibt gegen 12.30 Uhr bei der Siegerehrung an der Bauakademie in Klagenfurt die Preise.
Die Chefredakteure der Kleinen Zeitung, Hubert Patterer und Reinhold Dottolo, warten auf Haider für ein Interview im Klagenfurter Hotel Moser Verdino. 14 Uhr. Der Landeshauptmann verspätet sich, er hat noch bei der Geburtstagsfeier des damaligen Konzerthausdirektors Franz Widrich vorbeigeschaut. Bald taucht er aber gut gelaunt im Extrastüberl des Moser Verdino auf. Die Diskussion um unliebsame Berichterstattung ist schnell erledigt. Am kleinen Tisch daneben sitzt sein schlecht gelaunter Pressesprecher Stefan Petzner. Im Interview geißelt Haider die Finanzbranche. Bankmanager, die leichtfertig mit dem ihnen anvertrauten Geld umgehen, „müssen eingesperrt werden“, fordert Haider. „Der schwarze Freitag“, titelt die Kleine Zeitung am 11. Oktober angesichts der dramatischenkursstürze an den internationalen Börsen. Im Blattinneren erscheint das Interview mit einem Toten.
nach dem Interview bestellt Haider Chardonnay. Das sah man sonst selten. Der Landeshauptmann wirkt entspannt und hat keine Eile. Er genießt den Freitag „frei von allem Zeitdruck“, wie er den Chefredakteuren sagt. Es ist schon gegen 17 Uhr, als es die beiden zurück in die Redaktion zieht. Haider geht dann noch in eineboutique, lässt sich in seine Klagenfurter Wohnung fahren und soll sich vor seinen Abendterminen auch noch mit einem Bekannten getroffen haben. Seinem Chauffeur gibt er frei. Der