Freiewähler als Königsmacher
Programmatisch etwas unscharf, will die Partei in die Regierung.
ständlich eng mit dem Namen Horst Seehofer verknüpft. Der Bundesinnenminister und CSUChef brachte die Berliner Koalition seit deren Wiederauflage im Frühjahr schon zwei Mal an den Rand des Scheiterns. Er versuchte, die AFD rechts zu überholen, was gründlich misslang.
er gar nicht daran, persönliche Konsequenzen aus dem schlechten Abschneiden seiner Partei in Bayern zu ziehen. Bisher sägt auch niemand öffentlich an seinem Stuhl. Es ist, als hätten sich Union und SPD nach diesem bemerkenswerten Wahlsonntag noch einmal einem Burgfrieden unterworfen – innerhalb der Bundeskoalition, aber auch innerhalb der eigenen Reihen. Denn bereits in zwei Wochen steht die nächste wichtige Landtagswahl an, und zwar in Hessen. Dort könnte die schwarz-grüne Regierung unter Ministerpräsi- dent Volker Bouffier (CDU) ihre Mehrheit verlieren.
Die Machtkämpfe in den Parteien sind bis zur Hessen-wahl vertagt. Danach könnte es richtig schmutzig werden. Das betrifft nicht nur die Personalie Seehofer. In Berlin wird nicht mehr ausgeschlossen, dass Kanzlerin Merkel den CDUVorsitz abgibt, wenn ihre Partei in Hessen schlecht abschneidet. Erlebt wiederum die SPD dort ein weiteres Debakel, dürfte auch der Druck auf Parteichefin Nahles zunehmen.
Nur bei den Grünen scheint die Zukunft golden zu sein. Grünen-chef Robert Habeck sagt am Montag in Berlin: „Wir haben die Aufgabe, ins Zentrum der Demokratie zu rücken, und nicht mehr nur Projektpartei zu sein, wie das vielleicht vor 15 Jahren noch der Fall war.“Die Grünen als neue Mitte: Im deutschen Parteiensystem bleibt gerade kein Stein aufdemanderen.
Aiwanger steht am Wahlabend mit glühendem Gesicht vor seinen Parteifreunden. Der Chef der Freien Wähler kommt aus dem Grinsen nicht heraus. Er ist unerwartet in die Rolle des Königsmachers geraten, hatten doch alle damit gerechnet, dass es nur mit den Grünen für die CSU reicht. Nun steht seine Partei als möglicher Bündnispartner im Raum – Mittwoch beginnen die Sondierungen. „Das Signal ist ganz klar“, beginnt der 47-jährige Landshuter.
„Die Bürger wollen eine bürgerliche
Mehrheit.“Den Schlüssel des Erfolgs hat er bereits ausgemacht: „Andere haben Talkshows besucht, wir haben daheim gearbeitet“, ruft er in den Raum und erhält dafür lauten Applaus. Er hat den Wahlkampfmodus noch nicht abgelegt. „Wir sind ehrliche und vernünftige Leute“, das hätten die Bürger gemerkt. Tatsächlich half die tiefe Verwurzelung der Partei zu ihrem Erfolg, der nun schon seit 2008 auf konstantemniveau bei zehn Prozent anhält. Die Freien Wäh- ler haben leicht zugelegt – vor allem bei jenen, die der CSU einen Denkzettel verpassen wollen, aber Grüne und AFD scheuen.
Die Partei um Aiwanger steht für Wertkonservatismus, bürgerliche Liberalität, ein wenig auch für Ökologie, vor allem aber für Stärkung der Arbeit auf Gemeindeebene. In den 50er-jahren als lose Vereinigungen in Deutschland gegründet, beschränkte man sich viele Jahrzehnte auf die regionale Verwaltung. 1998 trat man erstmals bei der Landtagswahl in Bayern an. 2009wurde aus den losen Vereinigungen eine Bundespartei, der Erfolg blieb aber auf Bayern beschränkt. 2009 trat man auch bei der Europawahl an.
Der Fokus der Partei liegt auf er Stärkung kommunaler Selbstverwaltung, in vielen anderen Fragen hat sie ein eher unscharfes Profil. Allerdings steht sie hinter dem Polizeigesetz der CSU, kritisiert die Migrationspolitik von Kanzlerin Merkel, grenzt sich aber rigoros von der AFD ab.