Kleine Zeitung Steiermark

WIENER STAATSOPER Schwache Regie, starke Frau

- Von Martin Gasser

Nach 42 Jahren zeigt die Wiener Staatsoper wieder „Les Troyens“von Hector Berlioz. Der Abend steht ganz im Zeichen der fulminante­n Joyce Didonato.

Der Fall von Troja samt der Sache mit dem Pferd. Die Flucht der Besiegten nach Karthago und die tragische Liebesgesc­hichte von Aeneas und Dido. Und dann auch noch die Gründung Roms. Das ist Mythenstof­f für mehrere Opern, und Hector Berlioz benötigte auch vier Stunden Musik, umall das zu schildern. Erst 100 Jahre nach dem Tod des Komponiste­n hat sein Opus summum in nicht entstellte­r Form einen Weg auf die Opernbühne gefunden. 1969 in Glasgow und London, 1976 kamen „Les Troyens“erstmals in Wien heraus.

Nach 42 Jahren leuchtet die Staatsoper nun wieder im Besitzerst­olz: Man zeigt die aufwendige Grand opéra, finanziell verkraftba­r auch deshalb, weil Mailand, San Francisco und London (dort war schon 2012 Premiere) mit an Bord gingen.

Die Inszenieru­ng von David Mcvicar hat also an vier Orten die durchaus unterschie­dlichen ästhetisch­en Erwartunge­n zu erfüllen. Der 52-jährige Schotte löst das Problem, indem er ihm ausweicht. Die äußerliche Opulenz seiner Inszenieru­ng steht in keinem Verhältnis zu ihrem inneren Gehalt. Der Regisseur belässt es beim Arrangemen­t

Mezzosopra­n Joyce Didonato als Dido beglaubigt selbst eine schwache Regie

STAATSOPER/POEHN

vomblatt. Weder interessie­rt er sich besonders für das pessimisti­sche Weltbild, das Berlioz kreierte, indem er unter anderem den Mythos einer Staatsgrün­dung auf Verrat und Täuschung fußen lässt. Noch weiß er viel mit der musikalisc­hen Welt der „Trojaner“anzufangen, mit ihrem von Brüchen durchzogen­en hohen Ton, ihrem Wechseln zwischen Heroismus, Tragik und Exotik. Das alles verlangt nach mehr als einem turmhohen Pferd und aufwendige­n Bauten (Es Devlin war für dieses Spektakel verantwort­lich). Im Finale täuscht Mcvicar mit einer Art Zitat faschistis­cher Ästhetik eine Arbeit am Stück vor, die er in seinem eklektisch­en Arrangemen­t davor völlig schuldig blieb.

Und doch: alles zweitrangi­g. Für Verfechter einer moderneren Regiesprac­he ist das vielleicht schwer zu akzeptiere­n, aber Musiktheat­er kann ganz

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