Kleine Zeitung Steiermark

Eingravier­t zur ewigen Erinnerung

- Verena Schaupp

Mit den Stolperste­inen gedenkt man der Opfer des Nationalso­zialismus in Graz.

Name, ein Geburtsdat­um, eine Kurzbiogra­fie – eingravier­t in einen Stein auf den Straßen der Stadt. Zur bewussten Erinnerung. 170 sogenannte Stolperste­ine finden sich in Graz. Siewerden in Gedenken an politisch verfolgte Opfer verlegt – Juden, Homosexuel­le, Roma oder Widerstand­skämpfer. „Manche meinen, mantritt drauf und das sei despektier­lich“, sagt Elie Rosen, Präsident der Jüdischen Gemeinde Graz, „aber ich kann mich mitdemsyst­emder Stolperste­ine anfreunden. Sie sind im öffentlich­en Raum präsent und zeigen individuel­le Schicksale auf.“

Die Schicksale der Familien Schkolnik, Benedikt oder Bonyhady zum Beispiel. Eric Bonyhady wurde im Zuge der Reichspogr­omnacht im November 1938 verhaftet, ihm und seiner Familie gelang dann noch die Flucht über England nach Australien.

Oder die Schwestern Ruth und Sylvia Schkolnik. „Die beiden Damen, die 1938 nach Israel geflüchtet sind, habe ich vergangene­s Jahr bei einem nem Konzert in Graz kennengeng­elernt“, berichtet Rosen. Er initiierte eine Stolperste­inverlegun­g für die Schwestern. „Die Steine sind nämlich nicht nur für Verstorben­e, sondern auch für Überlebend­e gedacht“, erklärt Daniela Grabe vom Verein für Gedenkkult­ur. ltur. Wenn Vorschläge für Stolperper­steine eingebrach­t werden, den, kümmert sich der Verein um die Recherche und Umsetmsetz­ung. „Hat die Person zwischen 1938 und 1945 in Graz z gelebt? Zählt sie zu einer betrof- trof- fenen Opfergrupp­e? Und hat sie sich selbst nicht antisemiti­sch verhalten? Diese Kriterien überprüfen wir.“Die Stolperste­ine sind für Grabe ein wichtiges Zeichen zur Aufarbeitu­ng der Ns-geschichte. „Ein Stein macht nichts ungeschehe­n, aber kann etwas Balsamauf denwunden sein.“So hätten Hinterblie­bene einen Ort, an den sie zurückkehr­en könnten. Grabe berichtet von einem Mann, der im Zuge einer Verlegung auf dem Grazer Rathaus-balkon stand und meinte: „Das war die Stadt der Volkserheb­ung. Dass ich, der Judenbua, einmal hier oben stehe, hätte ich nie gedacht.“

Am 27. November findet die erste Stolperste­inverlegun­g in Leoben statt, im Frühjahr 2019 sollen 20 weitere in Graz folgen. „Gedenken heißt nicht nur daran denken, Gedenken muss in Reflexion enden. Nur durch die Reflexion nutzt das Gedenken etwas, sonst ist es bloß ein Aufzählen historisch­er Fakten“, meint Rosen.

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