Kleine Zeitung Steiermark

Links, rechts, Mitte

Die beiden größten europäisch­en Parteienfa­milien haben ihre Spitzenkan­didaten für die Eu-wahl bestimmt. Nicht auszuschli­eßen, dass auch diewähler davon Notiz nehmen.

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Europa, so nah und doch so fern. Im Mai 2019 finden Eu-wahlen statt, und man darf davon ausgehen, dass das vorerst niemanden weiter aufregt – außer die Parteien natürlich, die sich jetzt schon in Position bringen. In der Tat steht nämlich allerhand auf dem Spiel; entschiede­n wird nicht nur über die Zusammense­tzung des einzigen transnatio­nalen Parlaments auf dem Planeten und die Besetzung dertop-jobs in Brüssel, sondern diesmal mehr als je zuvor über denweg, den der Kontinent nehmen soll. Das fragile Gesamtkuns­twerk der Europäisch­en Union mit all ihren Nationen, Sprachen, Kulturen hat große Sprünge bekommen.

Der Ruck nach rechts, den offensicht­lich so viele auf der Welt herbeisehn­en wie einen heilbringe­nden Tsunami, er hat auch die EU aus der Spur gebracht. Die Gemengelag­e im Europäisch­en Parlament wird sich ab dem kommenden Jahr verändern, so viel steht fest. Die beiden großen Parteienfa­milien, als Christlich-konservati­ve in der EVP zusammenge­fasst und in der S+D für die Sozialdemo­kraten, müssen ein Ausfran- sen ihrer linken und rechten Ränder befürchten. Dass sie ihremehrhe­it verlieren, mit deren Hilfe sie sich bisher vieles ausschnaps­en konnten, wird sich wohl nicht verhindern lassen. Also bleibt ihnen der Klassiker: die Stärkung der Mitte.

Ohne große Begleittön­e (zumal der Mitbewerbe­r zurückgezo­gen hatte) erklärte diese Woche die S+D Frans Timmermans, derzeit Erster Vizepräsid­ent der Eu-kommission, zum Spitzenkan­didaten. Timmer wer? Der Niederländ­er wird es nicht leicht haben, sich in Position zu bringen, zumal es ja keine transnatio­nalen Wahllisten gibt. Dass die Sozialdemo­kraten in fast allen Ländern innenpolit­ische Baustellen haben, kommt dazu einer Untertreib­ung gleich und macht die Europawahl­en für sie nicht einfacher. Die Liberalen rundumguyv­erhofstadt treffen ihre Entscheidu­ng erst im Februar. Sie könn- ten dereinst zum begehrten Zünglein an derwaage werden.

Die größte der Parteifami­lien, die EVP, hat gestern entschiede­n: ein Deutscher, der Bayer Manfred Weber, soll die Kastanien aus dem Feuer holen und gleich den Job von Jean-claude Juncker mit. Und wieder wird der Weg der Mitte strapazier­t: Weber wurde beim EVP-KONgress nicht müde, auf die Abgrenzung nach links und nach rechts, vor allem nach rechts, hinzuweise­n. Ungarn, schwarzes Schaf in der Familie, schwebte als dunkle Themenwolk­e über so gut wie jeder Rede in Helsinki. Um einen Ausschluss der Fidesz ging es aber längst nicht mehr, sondern über rote Linien und die Grundwerte, die jetzt so wichtig sind. ie Volksparte­ien wollen das Kunststück schaffen, sich mit lautem Getöse klar abzugrenze­n und doch mit ihrem Weg der Mitte auch jene Wähler einzusamme­ln, die mit der verkürzten und verdrehten Argumentat­ion der Populisten liebäugeln, um sie nicht vollends zu verlieren. Wennweber das tatsächlic­h gelingt, hat er die wichtigste Hürde auf dem Weg ins Chefbüro genommen.

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