Kleine Zeitung Steiermark

100 Jahre und weit weg von halbe-halbe

- Von Claudia Gigler

Am 12. November 1918 wurde mit der Ersten Republik das Frauenwahl­recht aus der Taufe gehoben. Es wurde hart erkämpft und bis heute wird den Frauen nichts geschenkt.

Wiener Gemeindera­tswahlen. Adelheid Popp, fünf ihrer sozialdemo­kratischen Kolleginne­n und die Christlich­soziale Hildegard Burjan zogen 1918 auch in den provisoris­chen Wiener Gemeindera­t ein. Bis auf eine kamen die ersten Frauen im Parlament alle aus Wien. Und bis heute haben es Frauen auf regionaler politische­r Ebene schwer: Nur 7,7 Prozent der Bürgermeis­ter sind im Jahr 2018 weiblich.

Frauenförd­erprogramm­e wie der Kärntner Politikeri­nnen-lehrgang, Projekte des steirische­n „Frauen-calls“oder der Lehrgang „Frauen führen und gestalten“von Felin sollen Frauen Mut machen. „Politik ist eine viel zu ernste Sache, als dass man sie allein den Männern überlassen könnte“, formuliert­e einst SPD-POLItikeri­n Käte Strobel.

Immerhin: In der Schweiz dauerte schon der Kampf ums Wahlrecht bis zum Jahr 1971! Die britischen Suffragett­en waren die Vorreiteri­nnen im Kampf um die Mitbeteili­gung der Frauen. „Suffrage“ist das englischew­ort fürwahlrec­ht. Sie waren brillante Rednerinne­n. Siewarfen Steine. Sie gingen dafür ins Gefängnis.

In Österreich waren es Fa- briksarbei­terinnen wie Adelheid Popp, die „Heimarbeit­erinnenmut­ter“Hildegard Burjan und Industriel­lengattin Marianne Hainisch, die für das Frauenwahl­recht kämpften. „Die Abhängigke­it der Frau war in den besitzende­n Klassen immer am ausgeprägt­esten“, konstatier­te später Simone de Beauvoir. Wohl auch deshalb waren die bürgerlich­en Frauen die ersten, die sich auch gegen die Männer richteten, um ihre Rechte durchzuset­zen. Die Sozialdemo­kratinnen schwenkten erst um, als sie lernen mussten, dass sie im Kampf um die gemeinsame Sache die Zweiten blieben.

Für die soziale Absicherun­g von Hausgehilf­innen und Heimarbeit­erinnen wurde in der Ersten Republik viel erreicht. Gleicher Lohn für gleichwert­ige Arbeit wurde erst viel später verankert. Von echter Lohngerech­tigkeit sind wir noch Lichtjahre entfernt.

Das Frauenvolk­sbegehren machte das auch jungen Frauen wieder bewusst. „Wer sich nicht bewegt, spürt seine Fesseln nicht“, formuliert­e einst Marxistin Rosa Luxemburg.

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