In der Straßenbahn
in einer Straßenbahn sind 50 Jahre an mir vorbeigezogen. „Wusch“hat’s gemacht – und schon bin ich in der Zeitmaschine gehockt. Aber bevor es gewuscht hat, hat’s noch gekracht, weil nämlich Folgendes passiert ist: Guter Dinge stehe ich am Gang, umrundet von laut- und geruchsstarken Menschen, denke mir nichts Böses und hör plötzlich einen blutjungen Menschen sagen: „Möchten S’ gerne hinsitzen?“Ich denk mir: Wen meint der nur? Da rüttelt mich der blutjungemensch am Ärmel, deutet auf seinen Sitz und lächelt mir freundlich zu: „Bitte, setzen Sie sich doch hin!“Na, mehr hat es nicht gebraucht! Wusch, habe ich meine guten Manieren vergessen und den Rotzlöffel angefaucht, ob ich denn so hinfällig aussehen würde, so fußmarod, so gaga, so lädiert, ramponiert? Frechheit, diese jungen Leute von heute, keinen Respekt vor ihresgleichen, mir also.
Jetzt in die Zeitmaschine, wusch, 50 Jahre zurück: Das Kind vom Land fährt mit der Mama erstmals in der Straßenbahn durch die große Stadt. Weil man dort, auf dem Land, j jeden grüßt, hat das Landkind in der Straßenbahn ziemlich viel zu tun bzw. zu grüßen. Und weil das Kind natürlich besonders gut erzogen ist, steht es auf, um einem älteren Herrn Platz zu machen. Der Herr lächelt freundlich zurück. Glück gehabt! Nicht auszudenken, wenn ich dort in der Straßenbahn mir selbst in 50 Jahren begegnet wäre. BM