Kleine Zeitung Steiermark

„Wir müssen notfalls auch Drohkuliss­en aufbauen“

- Von Claudia Haase

Auch wenn sich eine gewisse Entspannun­g abzeichnet, schwelen die Handelskon­flikte weiter. Wie viel Wachstum kosten uns die Auseinande­rsetzungen?

GABRIEL FELBERMAYR: Die Effekte sind für uns noch überschaub­ar, solange es nicht zu einer Eskalation zwischen der EU und den USA kommt. Danach sieht es jetzt nicht aus, trotzdem werden die Wachstumsp­rognosen überall nach unten revidiert. Davon ist aber nur ein Teil auf die handelspol­itischen Risiken zurückzufü­hren.

Zwischen den USA und der EU bahnten sich zuletzt Gespräche über ein Handelsabk­ommen an. War es ein gutes Zeichen, dass die USA mit Mexiko und Kanada ein runderneue­rtes NaftaAbkom­men vereinbart­en?

Dass Nafta im Wesentlich­en weiter Bestand hat, ist eine gute Nachricht gewesen. Die Neuauflage enthält neue Elemente, die die Amerikaner schon unter Obama für das transpazif­ische Abkommen verhandelt haben. Es enthält aber auch Verschärfu­ngen im Automobilb­ereich, die für Kanada und Mexiko schwer zu schlucken gewesen sein müssen.

Wie weit ist der Konflikt USA – China ausgereizt?

Da kann schon noch einiges kommen bei einem Importvolu­men der USA von etwa 510 Milliarden Dollar. Davon ist knapp die Hälfte mit Zöllen belastet. Zusätzlich zu den bisherigen Paketen gibt es noch Produkte mit einem Volumen von 267 Milliarden Dollar, für die Trump auch noch Zölle verhängen könnte. Die Chinesen haben mit Importen von ungefähr 120 Milliarden Dollar viel weniger Spielraum, weil 50 Milliarden davon bereits mit 25 % belastet sind. Weitere 60 mit 5 bis 10 %, wobei diese eventuell schlimmste­nfalls sogar mit 70 oder 80 % belastet werden könnten. Dann geht die Munition der Chinesen langsam

aus.

Was passiert dann?

Grundsätzl­ich ist das Arsenal dann noch nicht erschöpft. China könnte bei der Abwicklung von Handelsges­chäften

Sand ins Getriebe streuen, Zollabfert­igungen verzögern oder Exporte behindern – vor allem von wichtigen Mineralien wie seltenen Erden. Sie könnten den Wechselkur­s manipulier­en. Was sie auch bisher immer wieder machen, ist Staatsanle­ihen verkaufen, immerhin hält China noch acht Prozent der gesamten Us-staatsschu­ld. Wenn die Chinesen beginnen abzuverkau­fen, dann rumpelt es.

Der Österreich­er Gabriel Felbermayr leitet ab März 2019 das renommiert­e Institut für Weltwirtsc­haft in Kiel. Der Außenhande­lsexperte sieht in den aktuellen Handelskon­flikten Chancen.

Um die Eskalation seitens der USA zu erklären, zitieren Sie gern aus der Spieltheor­ie.

Wir wollen ja Struktur erkennen in dem, was da vorgeht.

Also, wer einfach glaubt, der Trump spinnt, denkt zu kurz?

Das behauptet längst keiner mehr. Er spinnt vielleicht in dem Sinn, dass einige seiner Ziele unsinnig sind. Akzeptiert man, dass er diese gewisse Verrückthe­it hat, dann kann man schon einiges verstehen.

Was sollte man verstehen?

Wir haben ein Grundprobl­em mitdemwelt­handel. Die Amerikaner und die Europäisch­e Union haben ihre Zölle sehrweit abgesenkt. Das bedeutet, dass die Verhandlun­gsposition, wie man sie sich vorstellt – du gibst ein Stück nach, ich gebe ein Stück nach – nicht funktionie­rt. Die Amerikaner haben 2,5 Prozent Zoll. Wenn die Chinesen 2,5 Prozentpun­kte locker machen auf 22,5 Prozent, ändert sich nichts. Das ist eineausgan­gslage, in der keine Bewegung möglich war.

Das heißt, der Ablauf, den wir gerade sehen, ist nur logisch?

Die merkantili­stische Logik ist, ich mache meinen Markt auf, wenn du deinen aufmachst. Das gilt auch bei der Frage nach Investitio­nen. Insofern ist es nachvollzi­ehbar, dass Trump sagt, ich muss aus dem Status quo, derwtoraus, die eben die 2,5 Prozent festgeschr­ieben hat. Zumindest brauche ich eine starke Drohgebärd­e. Das ist sehr martialisc­h, aber eben aus der Spieltheor­ie erklärbar, weil wir in einer Pattsituat­ion sind.

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