Orgiastik trifft Mysterium
Die Galerien Kunst & Handel sowie Zimmermann Kratochwill würdigen Hermann Nitsch anlässlich seines 80ers.
Hermann
Nitsch entwickelt sein Orgien-mysterienTheater seit den 60er-jahren konsequent intheorie und Praxis weiter. Im Kern geht es ihm dabei darum, durch Momente des Ekels, durch Abscheu und Abreaktion zu einem Zustand kathartischer Befreiung vorzudringen. Das Orgien-mysterien-theater ist die dionysische Version eines Gesamtkunstwerks, das malerische, theatrale und musikalische Komponenten verbindet, seine idealste Form das sechs Tage dauernde Spiel, wie es Nitsch schon einmal, 1998, auf seinem Schloss Prinzendorf austragen konnte.
Mit der Galerie Kunst & Handel, wo eine seiner im weit kleineren Maßstab ausgeführten „Lehraktionen“stattfand, ist Nitsch seit Jahren eng verbunden. Dieausstellung „Der Blick ins Innere“zeigt Schüttbilder, aber auch im Siebdruck neu aufgelegte, frühe Zeichnungen, mit denen Nitsch architektonische, im Grundriss an Gedärme erinnernde Entwürfe für sein Orgien-mysterien-theater entwickelte. Oder Kostüm- und Bühnenbildentwürfe für Opernproduktionen, die Nitsch in München, Wien oder Zürich ausstattete. Außerdem Fotodokumente verschiedener Aktionen oder Partituren.
Die Galerie Zimmermann Kratochwill konzentriert sich auf Nitschs kulinarischere Aspekte: großformatige Schüttbilder, deren Farbpalette der Künstler längst erweitert hat, was die vormals recht aufdringliche Assoziation zu Blut dämpft. Und die er inzwischen auch als pastose Materialorgien umzusetzen weiß, womit sich ihre Herstellung als alle Sinne provozierendes Geschehen begreifen lässt. Ulrich Tragatschnig Hermann Nitsch. Bis 15. 12., kunstundhandel.com, zimmermann-kratochwill.com
Hermann Nitsch mit Danielle Spera bei der Vernissage in Graz
ZIMMERMANN KRATOCHWILL