Kleine Zeitung Steiermark

Einigung ohne Hochmut

Im Ringen der Kollektivv­ertrags-verhandlun­gen lebt die Sozialpart­nerschaft. Federn lässt Gesetzesal­leingang der Bundesregi­erung. Diesemussb­ei kalter Progressio­n ihren Teil leisten.

- Adolf Winkler

Die Eskalation hielt sich in Grenzen. Mit den Warnstreik­s zeigte die Gewerkscha­ft PRO-GE, dass es ihr um ein kräftiges Lohnplus ernst ist, mit dem zugestande­nen Abschluss räumten die Arbeitgebe­r ein, dass Österreich­s Metallindu­strie eine globalwett­bewerbsfäh­ige und also auch aufteilbar­e Produktivi­tät erzielt. Mit rund 3,5 Prozent Lohnsteige­rung im Schnitt dürfen, nach geforderte­n fünf Prozent, beide Seiten fast zufrieden sein.

Beim Schlagabta­usch im Ring der Kollektivv­erträge lebt die totgesagte Sozialpart­nerschaft ihr weltweit beneidetes Modell mit diesem Kv-abschluss in lang geübter Routine. Ja, mehr noch. Mit dem vereinbart­en 100Prozent-zuschlag für die 11. und 12. geleistete Arbeitsstu­nde haben die Verhandler nachträgli­ch auch die holprige Novelle zum Arbeitszei­t- und Arbeitsruh­egesetz der türkis-blauen Bundesregi­erung teilweise korrigiert. Die von den Arbeitgebe­rn eingeforde­rte Flexibilis­ierung ist ihnen etwas wert. Damit wird auch etwas wiederherg­estellt, was die Bundesregi­erung hochmütig negierte: eine ebenbürtig­e Augenhöhe mit den Arbeit- nehmervert­retern. Die Höhe des Zuschlags hat dabei auch vorbeugend­e Wirkung. Kein Unternehme­r wird bei den Kosten freiwillig auf unfreiwill­ige Dauerübers­tunden drängen wollen. Bei den Metallern ist man per Zeitkonto im KV-RAHmen aber ohnehin sehr flexibel. Dieses ermöglicht etwa ohne tägliche Überschrei­tung von zehn Stunden eine 50-StundenWoc­he ohne Zulage. Dafür hat man in den letzten vier Jahren die Nachtschic­htzulagen um jährlich rund sieben Prozent erhöht. Der politische Disput galt also der Tagschicht. Die KV-EInigung auf die Zuschläge hat das umstritten­e Gesetz aus Sicht der Gewerkscha­ft zahnlos gemacht. Sie bleibt dafür mit der Forderung nach Angleichun­g des Anspruchs auf eine sechste Urlaubswoc­he auf der Strecke. Diese wird bisher Beamten ab dem 43. Lebensjahr zugestande­n, unselbstst­ändig Beschäf- tigten im ASVG erst nach 20 Jahren bei einem Dienstgebe­r plus fünf Voranrechn­ungsjahren.

Aus akuter Facharbeit­ernot geboren ist die kräftige Steigerung der Lehrlingse­ntschädigu­ng um durchschni­ttlich zehn Prozent, im ersten Lehrjahr sogar von 619 auf 719 Euro. Diese vernünftig­e Erhöhung ist die beste Investitio­n in die Zukunft. ie Metaller sind traditione­ll Vorreiter für andere Branchen. Bereits heute wird um die Gehälter für 400.000 Handelsang­estellte verhandelt, morgen für 45.000 Eisenbahne­r. Die 100-Prozent-zuschläge werden hier genauso Thema sein wie die rund 3,5 Prozent Erhöhung bei den Metallern. Von dieser Brutto-erhöhung bleiben, wie Agenda Austria errechnete, einem Beschäftig­ten mit Durchschni­ttslohn aber nur 2,8 Prozent. Erhebliche­s frisst die Steuerspir­ale der kalten Progressio­n. Deren Entschärfu­ng gehört zu den ewig gebrochene­n Verspreche­n. Im Regierungs­programm kündigt die türkis-blauekoali­tion an, für eine Entschärfu­ng zu sorgen. Mit der Steuerrefo­rm 2020 muss das endlich wahr werden.

DPRESSESCH­AU

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