„Biografisch unglückliche Menschen“
Gerichtspsychiaterin im Grazer Staatsverweigerer-prozess begutachtete mehrere Angeklagte.
Zurechnungsfähig, keine psychische Krankheit, keine Gefährlichkeit. Das ist in Kürze die Einschätzung, die die Gerichtspsychiaterin Adelheid Kastner gestern Vormittag von der „Präsidentin des Staatenbundes“, Monika U., gibt.
Der Zweitangeklagte, der ExGendarm Jakob S., habe sich in der U-haft verändert: Bei der Begutachtung vor einem Jahr sei er so „aggressiv, geladen und angespannt“aufgetreten, dass sie ihm Gefährlichkeit attestiert hatte. Erweise zwarweiter eine „querulatorische Persönlichkeitsstörung höheren Grades“auf und sei nur eingeschränkt zurechnungsfähig, Gefährlich- Adelheid Kastner bescheinigte Zurechnungsfähigkeit
keit liege aber nicht mehr vor. Der Staatsanwalt zieht deshalb den Antrag auf Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher zurück.
Die Mitglieder des „Staatenbundes“, die Kastner begutach- tet hat, seien alle „biografisch unglückliche Menschen“, die Unrecht erfahren hätten. Teil eines Ganzen zu sein, „sich nicht mehr am unteren Ende der Hühnerleiter positionieren zu müssen“, das sei verlockend gewesen. „Das entbindet einen Erwachsenen aber nicht von derverpflichtung, sich und sein Handeln zu reflektieren.“Manipulation, sagt sie mit Blick auf Monika U., setze Menschen voraus, die bereit seien, sich manipulieren zu lassen.
Monika U. habe in ihrem Beruf die Ungerechtigkeit „des Systems“erlebt und zunächst einen esoterischen Weg als Energetikerin gesucht. Als sie eine Ausbildung im Staatsverweigerer-milieu besuchte, habe sie „wie der Schlüssel ins Schloss“gepasst. Der sektenähnliche „Staatenbund“sei ihrem Streben nach Bedeutsamkeit entgegengekommen. Es liege aber keinwahn vor, denn sie habe bei der Untersuchung die Fähigkeit zu Perspektivenwechsel und Relativierung ihrer eigenen Position gezeigt. Als das nicht belohnt wurde – etwa durch Enthaftung – sei sie wieder umgeschwenkt.
Wie weit sie oder andere gegangen wären, z. B. um„haftbefehle“durchzusetzen, könne sie nicht sagen. Eine Absage erteilte Kastner dem „Charisma“der „Präsidentin“: „Meine Erwartung, eine eloquente und charismatische Persönlichkeit vorzufinden, hat sich nicht erfüllt.“