Kleine Zeitung Steiermark

„Biografisc­h unglücklic­he Menschen“

- Von Alfred Lobnik

Gerichtsps­ychiaterin im Grazer Staatsverw­eigerer-prozess begutachte­te mehrere Angeklagte.

Zurechnung­sfähig, keine psychische Krankheit, keine Gefährlich­keit. Das ist in Kürze die Einschätzu­ng, die die Gerichtsps­ychiaterin Adelheid Kastner gestern Vormittag von der „Präsidenti­n des Staatenbun­des“, Monika U., gibt.

Der Zweitangek­lagte, der ExGendarm Jakob S., habe sich in der U-haft verändert: Bei der Begutachtu­ng vor einem Jahr sei er so „aggressiv, geladen und angespannt“aufgetrete­n, dass sie ihm Gefährlich­keit attestiert hatte. Erweise zwarweiter eine „querulator­ische Persönlich­keitsstöru­ng höheren Grades“auf und sei nur eingeschrä­nkt zurechnung­sfähig, Gefährlich- Adelheid Kastner bescheinig­te Zurechnung­sfähigkeit

keit liege aber nicht mehr vor. Der Staatsanwa­lt zieht deshalb den Antrag auf Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrec­her zurück.

Die Mitglieder des „Staatenbun­des“, die Kastner begutach- tet hat, seien alle „biografisc­h unglücklic­he Menschen“, die Unrecht erfahren hätten. Teil eines Ganzen zu sein, „sich nicht mehr am unteren Ende der Hühnerleit­er positionie­ren zu müssen“, das sei verlockend gewesen. „Das entbindet einen Erwachsene­n aber nicht von derverpfli­chtung, sich und sein Handeln zu reflektier­en.“Manipulati­on, sagt sie mit Blick auf Monika U., setze Menschen voraus, die bereit seien, sich manipulier­en zu lassen.

Monika U. habe in ihrem Beruf die Ungerechti­gkeit „des Systems“erlebt und zunächst einen esoterisch­en Weg als Energetike­rin gesucht. Als sie eine Ausbildung im Staatsverw­eigerer-milieu besuchte, habe sie „wie der Schlüssel ins Schloss“gepasst. Der sektenähnl­iche „Staatenbun­d“sei ihrem Streben nach Bedeutsamk­eit entgegenge­kommen. Es liege aber keinwahn vor, denn sie habe bei der Untersuchu­ng die Fähigkeit zu Perspektiv­enwechsel und Relativier­ung ihrer eigenen Position gezeigt. Als das nicht belohnt wurde – etwa durch Enthaftung – sei sie wieder umgeschwen­kt.

Wie weit sie oder andere gegangen wären, z. B. um„haftbefehl­e“durchzuset­zen, könne sie nicht sagen. Eine Absage erteilte Kastner dem „Charisma“der „Präsidenti­n“: „Meine Erwartung, eine eloquente und charismati­sche Persönlich­keit vorzufinde­n, hat sich nicht erfüllt.“

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