Beruf: Spielerfrau
Von Franzobel
saß am Arbeitsamt eine hübsche, junge Dame, die den Stellenvermittler ziemlich durcheinanderbrachte. Auf seine Frage nämlich, welchen Beruf sie auszuüben gedenke, bekam er unverblümt „Spielerfrau“zu hören. Zuerst dachte er an Glücksspielopfer und die Betreuung vonmenschen mit Impulskontrollstörung, als die blondierte Frau mit dem glänzenden Schmuck dann aber von Fußballkenntnissen und Seminaren im neunzigminütigen Sitzen sprach, von Fernkursen im richtigen Torjubel und Erkennen, für welche Mannschaft dertreffer überhaupt gefallen sei, dämmerte dem Beamten, es hier mit einer Schwervermittelbaren zu tun zu haben.
- Spielerfrau? Das ist doch kein Beruf, sagte der Mann vom Arbeitsamt.
- Ach so? Und was ist dann mit Lieschen Müller und Cathy Hummels, die erst neulich in der Zeitung waren? Auch von der Effenberg haben Sie bestimmt schon mal gehört … Eine Spielerfrau darf nicht minderbemittelt sein, muss den Umgang mit den sozialen Medien beherrschen, wissen, welchen Content sie twittern und wann sie sich über die Aus- oder Einwechslung ihres Gemahls freuen oder ärgern darf.
- Wir sind ein Arbeitsamt und keine Heiratsvermittlung.
- Soll ich als Putzfrau oder Supermarktkassiererin arbeiten? Nichts dagegen einzuwenden, das sind ehrenwerte Berufe, aber sehen Sie mich an. Siestreckteihrefingerund zeigte penibel manikürte Hän- de. Ich bin die geborene Spielerfrau.
- Aber das ist kein Beruf!
- Und Victoria Beckham? Von der weiß auch keiner mehr, dass sie einmal als Gewürzmädchen gesungen hat.
- Auch von ihrem Mann, stöhnte der Beamte, glauben alle, er sei Designer von Nobel-untergattis. Was Sie meinen, ist so eine Art Geisha, aber das gibt es bei uns nicht, höchstens im horizontalen Gewerbe, doch dahin vermitteln wir noch nicht.
- Wozu dann mein Selbststudium im Interviewgeben? Ich bin gelernte Spielerfrau und will jetzt auf der Stelle eine Stelle.
- Wen möchten Sie eigentlich … äh, heiraten?
- Ach, das spielt keine Rolle. Vielleicht den Alaba oder den Arnautovic, ich gäbe mich aber auch mit einem Hinteregger oder Dragovic zufrieden. Man kann sich ja hocharbeiten. Wissen Sie, auf den Mann kommt es nicht direkt an, er soll halt spielen und in den Medien präsent sein, damit ich ihn dann kräftig unterstützen kann. Manche meinen ja, das sei unzeitgemäß und mit der Emanzipation so was von nicht vereinbar, aber ich sage, das ist die neue Form des Adels. Wenn Sie jetzt allerdings nichts für mich haben, wendeichmichdemtenniszu oder demwintersport, auch Golf hat Zukunft, sagte sie, dampfte ab und ließ einen ratlosen Stellenvermittler zurück. Manchmal ist man eben mittellos, denkt er mitleidlos. Franzobel, 1967 in Vöcklabruck geboren, ist Schriftsteller und Sportfan.