Kleine Zeitung Steiermark

Wien greift die Verfassung an

„Wollen wir nicht, tun wir nicht“: der Weg zur Willkür.

- Georg Renner

Es ist ein schwierige­s Verhältnis, in dem Österreich­s Verfassung Bund und Länder bei der Mindestsic­herung zusammensp­annt: Der Bund darf nur Richtlinie­n aufstellen, die Länder innerhalb dieser nur Details klären. Eine überkommen­e Teilung, die abgeschaff­t gehörte.

Aber noch gibt es sie, noch gilt sie – und alle haben sich daran zu halten. Dass Wien jetzt offen ankündigt, die Grundsätze, die der Bund ausgibt, nicht umsetzen zu wollen, ist eine blanke Attacke auf unsere Verfassung­sordnung. Man kann die Mindestsic­herungsref­orm politisch falsch finden – wer dieser Ansicht ist, hat mehrere Möglichkei­ten: Er kann den Verfassung­sgerichtsh­of anrufen oder dafür kämpfen, im Bund wieder an die Macht zu kommen.

Aber aus politische­m Widerstreb­en schlicht die Verfassung zu ignorieren, zu sagen: Wollen wir nicht, machen wir nicht – das öffnet Willkür Tür und Tor. Anständige Politik sollte davon die Finger lassen – und die unterschie­dlichen Machtverhä­ltnisse akzeptiere­n.

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