Das Glück trostloser Gegenden
Regisseur Wim Wenders (73) ist derzeit in Wien eine Gesamtwerkschau gewidmet. Eine Fotoausstellung unterstreicht das Faible des Deutschen für Weltreisen, Wortwitz und Ironie.
Ein verlassener Rummelplatz in Oberhausen, 1963, im Ruhrgebiet. Es regnet, Menschen geben den Blick auf ihre Rücken frei. Ein Zirkuswagen trägt die Aufschrift „Glück“. So heißt das früheste Werk der im Wiener Metro Kinokulturhaus ausgestellten Fotografien der Filmlegende Wim Wenders – nicht frei von Ironie.
Als dieses Foto entstand, war der Düsseldorfer gerade einmal 17 oder 18 Jahre alt. Er wollte weder Filmemacher noch Fotograf werden, sondern Maler. Und dennoch erzählt dieses frühe Werk viel über sein Leinwandfaible für einsame Gegenden, Straßen, Schriftbilder, Wortwitz, Fluchtwege oder die Abwesenheit von Menschen.
„Das sind Fotografien,
die ich gemacht habe, bevor ich dachte, ich bin Fotograf“, erklärte es der 73-Jährige später gut gelaunt mit einem Kaffee in der Hand im historischen Kinosaal des Hauses. 70 ausgestellte Drucke seiner frühen Fotografien der Jahre 1963 bis 1983 do- kumentieren seine unverwechselbare Ästhetik und nehmen einen mit auf eine Reise in sein magisches Erzählland.
In eine Welt voller Flugzeuge mit abgetrennten Flügeln, leer gefegter Bars, streunender Hunde oder löchriger, leerer Leinwände der Drive-in-kinos in Texas im Jahr 1983. Die Fotos erinnern im 35-mm-schwarzweiß-kleinbildformat, in Farbe oder Panoramaaufnahmen an Filmszenen, stammen oft aus Orten, an denen Wenders gedreht hat – und entwickeln doch ein ungemein poetisch bis widerborstiges Eigenleben. Die Werke verorten die Melancholie. „Eigentlich bin ich kein Melancholiker, sondern ein hoffnungsloser Optimist.“Viele der Fotos aus Bali, Australien, Island oder Montana stammen aus einem Fund von 3000 vergessenen Polaroids, die vor ein paar Jahren in alten Zigarrenkisten auftauchten. „Gott sei Dank habe ich geraucht, sonst wären sie nicht aufbewahrt gewesen“, scherzt der Regisseur von Filmen wie „Paris, Texas“, „Der Himmel über Berlin“oder der Papst-doku „Franziskus“.