„Bearbeiten dreimal so viele Beschwerden“
Andrea Jelinek, Leiterin der Datenschutzbehörde, über die Causa Post und 1600 Beschwerden seit Mai 2018.
Frau Jelinek, Sie haben als Datenschutzbehörde ein Prüfverfahren gegen die Post eingeleitet, nachdem bekannt wurde, dass die Post Daten zur Parteiaffinität mancher Kunden verkaufte. Was wollen Sie von der Post jetzt eigentlich genau wissen? ANDREA JELINEK:
Die Fragen haben wir der Post gestellt. Es ist ein amtswegiges Prüfverfahren und was herauskommt, sehen wir am Ende des Verfahrens.
Das Unternehmen verspricht, alle Daten zur Parteiaffinität zu löschen. Beeinflusst die Maßnahme das Verfahren?
Wie bereits gesagt: Wir führen das Verfahren mit der Post. Es gibt die Gewerbeordnung, die lässt einiges zu. Und es gibt den Datenschutz, der lässt einiges nicht zu. Dieses Spannungsverhältnis muss man sich ansehen.
Gehört die politische Präferenz nicht zu den besonders schützenswerten Daten?
Ja. Das kann man in Artikel 9 der Datenschutzgrundverordnung nachlesen.
Grundsätzlicher gefragt: Seit 25. Mai ist die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Geltung. Wie viele Beschwerden registrierten Sie bis jetzt?
Seit dem 25. Mai sind bei uns 1013 inländische Beschwerden eingelangt. Dazu kommen noch um die 400 ausländischen Beschwerden – das sind internationale Anliegen, die grenzüberschreitende Zusammenar- beit der jeweiligen nationalen Datenschutzbehörden bedingen. Und dann gibt es noch Beschwerden, die aus dem Ausland kommen und wo Österreich die federführend verantwortliche Behörde ist. Insgesamt haben wir also knapp 1600 Beschwerden zu bearbeiten.
Sehen Sie sich personell dazu in der Lage, diese Menge zügig abzuarbeiten?
Wir arbeiten zielgerichtet ab. Aber die Personaldecke ist – wenngleich wir Personal bekommen haben – dünn. Um nicht zu sagen sehr dünn. Im Vergleich zum letzten Jahr haben wir dreimal so viele Beschwerden zu bearbeiten. 2017 hatten wir 531 Beschwerden.
Gibt es bei diesen nunmehr 1600 Fällen Beschwerdegründe, die besonders häufig auftreten?
Nein. Die Beschwerden sind in der Anzahl mehr, die Themen sind aber vielseitig geblieben. Es gibt Beschwerden gegen Unternehmen, es gibt Beschwerden gegen die öffentliche Hand, gegen den Nachbarn. Es gibt viele Beschwerden wegen Videoüberwachungen, es gibt Beschwerden gegen Datenlöschungen, gegen Geheimnisbruch. Das hatten wir alles auch vor der DSGVO. Was sich geändert hat, ist einerseits die Awareness, also die gesteigerte Aufmerksamkeit rund um das Thema Datenschutz, und andererseits kamen die grenzüberschreitenden Fälle dazu.
Rechnen Sie damit, dass die Beschwerdedynamik auf diesem Niveau bleibt?
Hätte ich eine Kristallkugel, könnte ich Ihnen das sagen. Nach einem Monat haben viele gesagt, das wird abflauen. Diesen Eindruck hab ich derzeit nicht. Wenn ich nur an unsere funktionale Mailbox denke: 2017 hatten wir 13.195 diesbezügliche Mails. Im Jahr 2018 hatten wir 22.653 Mails, viele davon mit konkreten Rechtsanfragen.
Deloitte veröffentlichte jüngst eine Umfrage, wonach erst ein Viertel der heimischen Unternehmen die Anforderungen der Euverordnung voll umsetzt. Teilen Sie diese Einschätzung?
Ich weiß nicht, nach welchen