Kleine Zeitung Steiermark

Die innere Handbremse der neuen Generation

- Von Georg Michl aus Herning

Österreich erfuhr bei der Handball-wm eine Abreibung. Nach dem Debakel gegen Chile hingen die Wolken über Herning tief. Die Suche nach der Ursache.

Es wäre einfach, nach der Niederlage gegen Chile den Teufel an die Wand zu malen. Auch im Hinblick auf die Heim-em 2020. Das 24:32 hat wohl die Tür zur Hauptrunde zugeschlag­en – ein Totalausfa­ll aller Beteiligte­n. Wie die sprichwört­lich geprügelte­n Hunde schlichen Österreich­s Spieler aus der Jyske Bank Boxen und die Stimmung war am Tag danach noch schlechter als das Wetter in Herning – und das ist aktuell ziemlich mies. So etwas darf einer Mannschaft bei einem Großereign­is nicht passieren und das war allen bewusst. Kann es aber. Vor allem, wenn es sich um ein doch noch relativ unerfahren­es Team handelt. Bitter ist, dass es keine Möglichkei­t, Strategie oder Persönlich­keit gab, die „Handbremse im Kopf“, wie es Trainer Patrekur Johannesso­n nannte, zu lösen. „Ich habe mir nur gedacht, dass es doch nicht sein kann, dass wir auf einmal so schlecht sind.“

Eines darf man nicht außer Acht lassen: Österreich­s goldene Generation, die bei der EM 2010 das große Handballfe­uer entfacht hatte, spielte zuvor viele Jahre zusammen. Die neue Generation hat gerade einmal zwei, drei Jahre gemeinsam durchgemac­ht und sich dabei (wider Erwarten) für die EM 2017 und die WM qualifizie­rt. Die Erwartunge­n für diese WM waren dementspre­chend hoch – es war auch die Rede von einem Pflichtsie­g gegen Chile. „Es hat von rechts nach links nichts gepasst“, sagte ein sichtlich geknickter Regisseur Nikola Bilyk. Die Entwicklun­g alleine an dieser Partie festzumach­en, wäre aber zu kurzsichti­g.

Auch, wenn sie gegen Chile nicht zu sehen war, die Qualität ist vorhanden – vor allem im Angriff, wo Österreich mit Ausnahme der Kreisposit­ion mit internatio­naler Klasse besetzt ist. Einzig die Flügelspie­ler kommen seit Langem zu wenig zur Geltung – aufgrund der mäßigen Verteidigu­ng können Raul Santos und Robert Weber ihre Kontergefä­hrlichkeit kaum ausspielen und einfache Tore haben Seltenheit. Österreich ist eine Tempomanns­chaft, steht der Angriff still, wird es aber schwierig. „Mir fällt kein Spie- ler ein, der ansatzweis­e auf seinem Niveau gespielt hat“, sagte Bilyk.

Auf dem Feld ist zudem kein Spieler auszumache­n, der einmal lautstark auf den Putz haut oder in hektischen Phasen Ruhe in das Spiel bringt. Bei aller Brillanz ist Bilyk mit 22 Jahren noch nicht so weit, wie es einst Viktor Szilagyi war, als er das Nationalte­am angeführt hatte. Er hat das Potenzial zum Leitwolf, braucht aber Zeit und die Hierarchie scheint auch nicht so ausgeprägt zu sein wie früher – das dauert. Das war eine der großen Stärken Szilagyis: Er gab die Richtung vor, die anderen folgten. ie Defensive präsentier­te sich schwächer als sonst. Das Fehlen einzelner Spieler wirkte sich markanter aus als im Angriff. Zudem wurden kaum Eins-gegen-eins-situatione­n gewonnen. Der eigentlich­e Abwehrchef Alexander Hermann fehlt und es kristallis­iert sich kein Spieler heraus, der diese Funktion einnehmen kann, der Kommandos gibt bzw. für die entspreche­nde Stimmung sorgt. Um wieder ein

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Die Enttäuschu­ng war den Österreich­ern nach der

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