Die innere Handbremse der neuen Generation
Österreich erfuhr bei der Handball-wm eine Abreibung. Nach dem Debakel gegen Chile hingen die Wolken über Herning tief. Die Suche nach der Ursache.
Es wäre einfach, nach der Niederlage gegen Chile den Teufel an die Wand zu malen. Auch im Hinblick auf die Heim-em 2020. Das 24:32 hat wohl die Tür zur Hauptrunde zugeschlagen – ein Totalausfall aller Beteiligten. Wie die sprichwörtlich geprügelten Hunde schlichen Österreichs Spieler aus der Jyske Bank Boxen und die Stimmung war am Tag danach noch schlechter als das Wetter in Herning – und das ist aktuell ziemlich mies. So etwas darf einer Mannschaft bei einem Großereignis nicht passieren und das war allen bewusst. Kann es aber. Vor allem, wenn es sich um ein doch noch relativ unerfahrenes Team handelt. Bitter ist, dass es keine Möglichkeit, Strategie oder Persönlichkeit gab, die „Handbremse im Kopf“, wie es Trainer Patrekur Johannesson nannte, zu lösen. „Ich habe mir nur gedacht, dass es doch nicht sein kann, dass wir auf einmal so schlecht sind.“
Eines darf man nicht außer Acht lassen: Österreichs goldene Generation, die bei der EM 2010 das große Handballfeuer entfacht hatte, spielte zuvor viele Jahre zusammen. Die neue Generation hat gerade einmal zwei, drei Jahre gemeinsam durchgemacht und sich dabei (wider Erwarten) für die EM 2017 und die WM qualifiziert. Die Erwartungen für diese WM waren dementsprechend hoch – es war auch die Rede von einem Pflichtsieg gegen Chile. „Es hat von rechts nach links nichts gepasst“, sagte ein sichtlich geknickter Regisseur Nikola Bilyk. Die Entwicklung alleine an dieser Partie festzumachen, wäre aber zu kurzsichtig.
Auch, wenn sie gegen Chile nicht zu sehen war, die Qualität ist vorhanden – vor allem im Angriff, wo Österreich mit Ausnahme der Kreisposition mit internationaler Klasse besetzt ist. Einzig die Flügelspieler kommen seit Langem zu wenig zur Geltung – aufgrund der mäßigen Verteidigung können Raul Santos und Robert Weber ihre Kontergefährlichkeit kaum ausspielen und einfache Tore haben Seltenheit. Österreich ist eine Tempomannschaft, steht der Angriff still, wird es aber schwierig. „Mir fällt kein Spie- ler ein, der ansatzweise auf seinem Niveau gespielt hat“, sagte Bilyk.
Auf dem Feld ist zudem kein Spieler auszumachen, der einmal lautstark auf den Putz haut oder in hektischen Phasen Ruhe in das Spiel bringt. Bei aller Brillanz ist Bilyk mit 22 Jahren noch nicht so weit, wie es einst Viktor Szilagyi war, als er das Nationalteam angeführt hatte. Er hat das Potenzial zum Leitwolf, braucht aber Zeit und die Hierarchie scheint auch nicht so ausgeprägt zu sein wie früher – das dauert. Das war eine der großen Stärken Szilagyis: Er gab die Richtung vor, die anderen folgten. ie Defensive präsentierte sich schwächer als sonst. Das Fehlen einzelner Spieler wirkte sich markanter aus als im Angriff. Zudem wurden kaum Eins-gegen-eins-situationen gewonnen. Der eigentliche Abwehrchef Alexander Hermann fehlt und es kristallisiert sich kein Spieler heraus, der diese Funktion einnehmen kann, der Kommandos gibt bzw. für die entsprechende Stimmung sorgt. Um wieder ein
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