Wiederbelebte „Martha“bleibt blass
Regisseur Peter Lund misstraut der Harmlosigkeit von Flotows Oper und verdüstert die Komödie in Graz. Hilft auch nichts.
chisch Erkrankte, die es je gab. Man braucht tatsächlich gute Nerven, wenn ein durchwegs heiter gemeintes Stück an einem der unlustigsten Orte der Menschheitsgeschichte (die eine psychiatrische Klinik im 18. Jahrhundert nun einmal darstellt) spielt. Entsprechend eingedüstert ist dieses Theater auf dem Theater der „Narren“, eine traurig-wahre Geschichte vom wahnsinnigen Lyonel, einem zerbrechenden Charakter in Werther-tracht, dem höchstens ein eingebildetes Happy End beschieden ist. Ilker Arcayürek bleibt überraschend blass. Sein Tenor klingt ein wenig belegt, das lyrische Legato, die feine Poesie, die man etwa auf seinem vorzüglichen Schubert-liedalbum hört, kommen live nur selten zur Geltung.
Der etwas monochrom klingenden Sopranistin Kim-lillian Strebel gelingen die kapriziösherrischen Facetten der Lady Harriet besser als deren schlichte Natürlichkeit. Anna Brulls ansprechende Nancy wird von Bass Peter Kellner in den Schatten gestellt. Sein Plumkett ragt vokal aus dem Ensemble heraus, das von dem wie immer exzellent spielenden Wilfried Zelinka als Lord Tristan komplettiert wird. Dieser Lord wird als rechter Stutzer gezeichnet, denn Lund verzichtet freilich nicht ganz auf die komödiantischen Aspekte. Die Geschichte zweier Besucherinnen, die beim Theater der Patienten teilnehmen, hat viel handwerkliche Qualität: Lund kümmert sich um Details und kreiert ein paar wirklich nette Gags, um den Charakter der Komödie innerhalb des von ihm geschaffenen ernsten Rahmens zu bewahren.
Dass das alles trotz opulenter Ausstattung (Daria Kornysheva) und adäquater Bühne (Ulrike Reinhard) nicht zündet, liegt auch daran, was im Orchestergraben passiert. Dirigent Robin Engelen und die Grazer Philharmoniker spielen diese leichtmelodiöse Musik grobschlächtig, dabei käme es gerade auf ein Maximum an Esprit und Akkuratesse an. So hoch es der Grazer Oper anzurechnen ist, ein zusehends in Vergessenheit geratenes Stück wieder zur Diskussion zu stellen, so spannungslos ist über weite Strecken leider das Resultat geworden.