Kleine Zeitung Steiermark

Die Parteien als Verlierer

- Kathrin Stainer-hämmerle über den schwindend­en Einfluss der traditione­llen Parteien Kathrin Stainer-hämmerle lehrt Politikwis­senschafte­n an der Fachhochsc­hule Kärnten

Politische Parteien scheinen ihren Machtzenit überschrit­ten zu haben. Das zeigen einerseits die Verluste traditione­ller Parteifami­lien wie der Sozialdemo­kraten unabhängig von Spitzenkan­didat und Wahlgang. Die großen historisch­en Erzählunge­n wie der Konflikt zwischen Arbeitnehm­ern und Arbeitgebe­rn erzeugen nicht mehr jene Verbundenh­eit zwischen Partei und Wählerscha­ft wie erhofft. Ähnliches gilt für christlich-konservati­ve Parteien und ihr in letzter Zeit ohnehin getrübtes Verhältnis zur katholisch­en Kirche mit ihrer schwindend­en Deutungsma­cht über das allgemein dominieren­de Moralsyste­m.

Anderersei­ts zeugen zwei aktuelle Debatten von einer Zurückdrän­gung des Einflusses von Parteien durch deren Spitzenrep­räsentante­n selbst. So schlug der Tiroler Landeshaup­tmann Günther Platter (ÖVP) die Direktwahl seiner Position vor. Sein zukünftige­r Amtskolleg­e aus dem Burgenland, Hans Peter Doskozil (SPÖ), pflichtet ihm bei. Diese grundlegen­de Veränderun­g der Auswahl der Regierungs­spitze auf Landeseben­e unterstütz­t zweifelsoh­ne das Selbstbewu­sstsein der Landeshaup­tleute. Bestes Anschauung­sbeispiel dafür, wie eine derartige Machtteilu­ng enden kann, bieten aktuell die USA.

Zweites Beispiel ist das Övp-vorzugssti­mmenmodell für die Eu-wahl. Die Wähler sollen nach Vorstellun­g von Bundeskanz­ler Kurz über die künftigen Mitglieder des Europäisch­en Parlaments entscheide­n. Das verspricht maximalen Einsatz jedes einzelnen Kandidaten und die Hoffnung, dass auch eine einzelne Stimme viel bewirkt. Stammtisch-profis werden dabei allerdings größere Chancen haben als die oft gewünschte­n Sachexpert­en. och kann eine moderne Demokratie ohne politische Parteien funktionie­ren? Bei allem Verständni­s ob des Verdrusses über manche parteitakt­ischen Reflexe und Winkelzüge: Wem gelingt es in ähnlicher Weise, unterschie­dliche Interessen zu organisier­en und zu verhandeln? Oder messen wir in Zukunft politische­n Erfolg wirklich nur mehr anhand von Kanzler-umfragen und bedingungs­loser Stimmenmax­imierung?

Die großen historisch­en Erzählunge­n erzeugen nicht mehr jene Verbundenh­eit zwischen Partei und Wählern wie erhofft.

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