Die neue Liebe kommt an einem Montag
Wenn eine Ärztin, ein Elektroniker und eine Lehrerin auf der Bühne stehen. Gelungener Einstand für das neue Bürger*innentheater.
Die Montagmorgen seien die schönsten Morgen, denn „jede neue Woche ist wie eine neue Liebe“. Fast möchte man glauben, was die Studentin Magdalena Hanetseder im Schauspielhaus Zwei dem Publikum erzählt. In grauen, überdimensionierten Anzügen huldigen sie und ihre Kollegen zu Beginn tippsend und über die Bühne trippelnd dem Arbeitsfleiß. Bis zur Verkümmerung, bis zur roboterhaften Seelenlosigkeit. Die neue gegründete Bürger*innenbühne am Grazer Schauspielhaus hob am Freitagabend mit einem Stück über die Polaritäten Arbeitsexzess und Faulheit an. Der Titel, Georg Büchners „Leonce und Lena“, gibt in der Regie von Simon Windisch kaum mehr als eine Orientierungslinie vor: Die kraftvoll und mit beeindruckender Präzision agierenden Laiendarsteller bilden ein Betriebstheater, das oben genanntes Stück zur Aufführung bringen will. Ein Stück im Stück, bewusst ausgefüllt mit dem persönlichen Hintergrund der Schauspieler: Da erzählt Leonce (Leo Rögner) von seiner Leidenschaft für Sensoren, da gibt Projektmanagerin Julia Katholnig mit Lehrerin Donata Trinkl das Regieduo. Und Gundula Biemann, Kenan Kokic, Caroline Oswald-fleck, Ute Stampfer-jungreithmaier und Hannes Schauer arbeiten sich, köstlich-komisch, an ihren Rollen ab. Windisch beweist bei der Inszenierung wiederum Gespür für dramaturgische Balance, Einfühlungsvermögen und starke Bilder. Inhaltlich wird die Suppe jedoch etwas dünn, weil man sich im Diskurs über das Arbeitsethos mit Versatzstücken begnügt. Zugleich gibt dies der Produktion eine unterhaltsame Leichtigkeit und Dynamik. Am Ende rauschte ein Applaus durch den Zuschauerraum, den man in dieser Intensität selten erlebt. Die erste Bürger*innenbühne darf als gelungen bezeichnet werden. Die nächste Station: „Träumen Androiden von elektrischen Schafen?“im April.
DH Leonce und Lena suchen einen Ausweg.
Schauspielhaus Zwei. Termine: 30., 31.1. , 4. 2., 15., 16.3., 20 Uhr. Karten: Tel. (0316) 8000.
Info: schauspielhaus-graz.com