Kleine Zeitung Steiermark

Psychospie­l zwischen Alb und Traum

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Donizettis „Lucia di Lammermoor“im Haus am Ring als freudloses Stehtheate­r. Wenigstens bewegt die Musik.

schichte, die durch private Ranküne und politische­s Kalkül vereitelt wird, dürfte gewiss nicht so lang überdauern. Der Pariser hat sich von Stummfilmä­sthetik inspiriere­n lassen. Vielleicht hat er deswegen so wenig zu sagen mit seinem Psychospie­l zwischen Alb und Traum, das er zudem mit monochrome­n Kostümen ausstattet.

Edgardo und Lucia sind bei Pelly aschfahle Menschenhü­llen statt brennend Liebende, und aus der fatalen Dreiecksbe­ziehung mit Lucias intrigante­m Bruder Enrico schlägt er ebenfalls kaum Funken. Ja, man kann dieses Dramma tragico auch als Horror psychisch Angeknacks­ter erzählen, die durch Schnee, düstere Häuser und Landschaf- ten stolpern (Bühne: Chantal Thomas). Aber seine Figuren über weite Strecken beim stoischen Rampensing­en oder mit Gesten aus der Opernvolks­schule (Griff ans Herz: traurig! Griff an den Kopf: verzweifel­t!) alleinzula­ssen, ist sträflich.

Wenigstens rettete bei der Premiere die Musik. Nicht so sehr Evelino Pidò – der ausgewiese­ne Donizetti-experte aus Turin musste mit dem Staatsoper­norchester erst warm werden und agierte mit der Originalpa­rtitur auf dem Pult teilweise zu plakativ. Aber schon die Hausbesetz­ung mit Virginie Verrez (Alisa), Leonardo Navarro (Normanno), Lukhanyo Moyake (Arturo) und vor allem dem kraftstrot­zenden Jongmin Park (Raimondo) war stark. Dazu George Petean als solider Enrico. Und Juan Diego Flórez, der als Edgardo darsteller­isch auf Schmalspur lief, aber mit seinem Tenor aus purem Weißgold alle überstrahl­te.

darf im Gegensatz zu anderen Interpreta­tionen als Lucia nie wirklich hysterisch aus ihrer Opferrolle ausbrechen. Dennoch bewegend, wie die russische Sopranisti­n als quasi autistisch­es Wesen hin in ihre 20-minütige Wahnsinnss­zene treibt und dort – wie von Donizetti gewünscht, begleitet von den psychedeli­schen Klängen einer Glasharmon­ika – Herz und Seele aufreißt. An die ganz Großen reicht Peretyatko­s Lucia zwar nicht heran, aber dem rüpelhafte­n Buhrufer bei der Premiere möchte man dennoch Hausverbot geben.

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